PORTRÄT: TOPINAMBUR
Immer öfter sieht man ihre freundlichen Blüten auf hohen Stängeln im Garten wippen. Die „essbare Sonnenblume“erlebt derzeit ihr Comeback.
Bei manchen Gemüsesorten verhält es sich ähnlich wie mit der Mode. Dachte man, Jeanshemden wären nur noch für den Altkleidersack tauglich, wird das Kleidungsstück wieder trendy. Auch Rauke und Bärlauch wollte lange Zeit niemand auf dem Teller haben. Genausowenig wie Pastinaken oder Topinambur. Spitzenköche tragen ihren Teil dazu bei, die alten Gemüsesorten aus ihrem Schattendasein zu holen. So hielten Steckrüben und Mangold Einzug in die gehobene Gastronomie. Der englische Starkoch Jamie Oliver kombiniert fein gehobeltes Weißkraut mit Riesengarnelen und Chili. Auch Kerbelrübe und Rote Bete dürfen sich über eine Wiederentdeckung freuen, letztere als Carpaccio mit Selleriestroh garniert. Wer abwechslungsreich, bewusst und gesund kochen will, ist mit heimischen Gemüsesorten auf jeden Fall gut beraten. Das heute wieder äußerst beliebte Wintergemüse Topinambur zählt mit Sicherheit auch dazu. Verzehrt wird die unterirdisch wach- sende Knolle, die je nach Sorte eine rotbraune, beigefarbene oder violette Schale hat. Man kann Topinambur mit oder ohne Schale essen. Das Gemüse lässt sich dünsten, frittieren oder in Salzwasser kochen, zu Suppe oder Püree verarbeiten. Schmackhaft ist Topinambur auch als Rohkost, etwa über einen Salat geraspelt. Äußerlich besteht eine Ähnlichkeit zu Ingwer. Der Geschmack ist jedoch süßlich, nussig und hat etwas von Artischockenböden. Topinambur heißt mitunter auch Jerusalemartischocke oder Ewigkeitskartoffel. Der Name Diabetiker-Kartoffel rührt daher, dass Topinambur den Blutzuckerspiegel weniger stark beeinflusst als herkömmliche Kartoffeln. Ihr Fruchtzucker ist im Ballaststoff Inulin (nicht zu verwechseln mit Insulin) gebunden und wird erst im Dickdarm freigesetzt.
Topinambur war zunächst Zierpflanze und Delikatesse, wurde dann von der Kartoffel verdrängt und verschwand als Viehfutter in der Versenkung. Nun taucht sie wieder verstärkt auf dem Speiseplan auf. Sie gilt als schmackhafter Sattmacher mit wenig Kalorien. Die winterharte, mehrjährige Pflanze stammt ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika. Seefahrer brachten sie im 17. Jahrhundert mit nach Europa. Sie wird bis zu zwei, drei Meter hoch und lässt sich gut im Garten kultivieren, entweder im Beet oder in großen Kübeln. Obendrein ist sie sehr widerstandsfähig und sieht dekorativ aus. Denn Topinambur ( Helianthus tuberosus) gehört zur gleichen Gattung wie die Sonnenblume und ihre gelben Blütenstände sind eine ausgesprochene Zierde. Eine Rhizomsperre verhindert, dass die Pflanze übermäßig wuchert und sich auch dort ausbreitet, wo man sie gar nicht haben will. Die Knollen werden im Frühjahr etwa acht bis zehn Zentimeter tief und in einem Abstand von 40 Zentimetern in die Erde gestupft. Idealerweise geschieht dies zwischen Mitte bis Ende März und Mitte bis Ende April an einem sonnigen Standort. Je lockerer der Boden, desto besser. Pflanzgut verschiedener Sorten kann zum Beispiel im Internet über die Aromagärtnerei www.deaflora.de bezogen werden. Ansonsten stellt die „Knollensonnenblume“keine besonderen Ansprüche. Ein Kilo der Knollen reicht für fünf Quadratmeter Fläche. Nach dem Austrieb empfiehlt es sich, die Pflanzen mit Erde anzuhäufeln. Dann heißt es warten – Gießen ist nur bei länger andauernder Trockenheit erforderlich. Die Blütezeit beginnt im August. Erntezeit ist von Ende Oktober bis Anfang November. Im Gegensatz zu Kartoffeln lassen sich Topinambur-Knollen allerdings nicht lange lagern und sollten möglichst bald verzehrt werden.