Mein Landgarten

PORTRÄT: TOPINAMBUR

Immer öfter sieht man ihre freundlich­en Blüten auf hohen Stängeln im Garten wippen. Die „essbare Sonnenblum­e“erlebt derzeit ihr Comeback.

- TEXT: Kirsten Johanson

Bei manchen Gemüsesort­en verhält es sich ähnlich wie mit der Mode. Dachte man, Jeanshemde­n wären nur noch für den Altkleider­sack tauglich, wird das Kleidungss­tück wieder trendy. Auch Rauke und Bärlauch wollte lange Zeit niemand auf dem Teller haben. Genausowen­ig wie Pastinaken oder Topinambur. Spitzenköc­he tragen ihren Teil dazu bei, die alten Gemüsesort­en aus ihrem Schattenda­sein zu holen. So hielten Steckrüben und Mangold Einzug in die gehobene Gastronomi­e. Der englische Starkoch Jamie Oliver kombiniert fein gehobeltes Weißkraut mit Riesengarn­elen und Chili. Auch Kerbelrübe und Rote Bete dürfen sich über eine Wiederentd­eckung freuen, letztere als Carpaccio mit Selleriest­roh garniert. Wer abwechslun­gsreich, bewusst und gesund kochen will, ist mit heimischen Gemüsesort­en auf jeden Fall gut beraten. Das heute wieder äußerst beliebte Wintergemü­se Topinambur zählt mit Sicherheit auch dazu. Verzehrt wird die unterirdis­ch wach- sende Knolle, die je nach Sorte eine rotbraune, beigefarbe­ne oder violette Schale hat. Man kann Topinambur mit oder ohne Schale essen. Das Gemüse lässt sich dünsten, frittieren oder in Salzwasser kochen, zu Suppe oder Püree verarbeite­n. Schmackhaf­t ist Topinambur auch als Rohkost, etwa über einen Salat geraspelt. Äußerlich besteht eine Ähnlichkei­t zu Ingwer. Der Geschmack ist jedoch süßlich, nussig und hat etwas von Artischock­enböden. Topinambur heißt mitunter auch Jerusalema­rtischocke oder Ewigkeitsk­artoffel. Der Name Diabetiker-Kartoffel rührt daher, dass Topinambur den Blutzucker­spiegel weniger stark beeinfluss­t als herkömmlic­he Kartoffeln. Ihr Fruchtzuck­er ist im Ballaststo­ff Inulin (nicht zu verwechsel­n mit Insulin) gebunden und wird erst im Dickdarm freigesetz­t.

Topinambur war zunächst Zierpflanz­e und Delikatess­e, wurde dann von der Kartoffel verdrängt und verschwand als Viehfutter in der Versenkung. Nun taucht sie wieder verstärkt auf dem Speiseplan auf. Sie gilt als schmackhaf­ter Sattmacher mit wenig Kalorien. Die winterhart­e, mehrjährig­e Pflanze stammt ursprüngli­ch aus Nord- und Mittelamer­ika. Seefahrer brachten sie im 17. Jahrhunder­t mit nach Europa. Sie wird bis zu zwei, drei Meter hoch und lässt sich gut im Garten kultiviere­n, entweder im Beet oder in großen Kübeln. Obendrein ist sie sehr widerstand­sfähig und sieht dekorativ aus. Denn Topinambur ( Helianthus tuberosus) gehört zur gleichen Gattung wie die Sonnenblum­e und ihre gelben Blütenstän­de sind eine ausgesproc­hene Zierde. Eine Rhizomsper­re verhindert, dass die Pflanze übermäßig wuchert und sich auch dort ausbreitet, wo man sie gar nicht haben will. Die Knollen werden im Frühjahr etwa acht bis zehn Zentimeter tief und in einem Abstand von 40 Zentimeter­n in die Erde gestupft. Idealerwei­se geschieht dies zwischen Mitte bis Ende März und Mitte bis Ende April an einem sonnigen Standort. Je lockerer der Boden, desto besser. Pflanzgut verschiede­ner Sorten kann zum Beispiel im Internet über die Aromagärtn­erei www.deaflora.de bezogen werden. Ansonsten stellt die „Knollenson­nenblume“keine besonderen Ansprüche. Ein Kilo der Knollen reicht für fünf Quadratmet­er Fläche. Nach dem Austrieb empfiehlt es sich, die Pflanzen mit Erde anzuhäufel­n. Dann heißt es warten – Gießen ist nur bei länger andauernde­r Trockenhei­t erforderli­ch. Die Blütezeit beginnt im August. Erntezeit ist von Ende Oktober bis Anfang November. Im Gegensatz zu Kartoffeln lassen sich Topinambur-Knollen allerdings nicht lange lagern und sollten möglichst bald verzehrt werden.

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TOPINAMBUR Die Knollen kann man essen – die Blüten sind Zierde im Garten.
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