DUFTER FLIEDER
Romantische Blüten und umwerfender Geruch – Flieder bewegt die Herzen. Wir verraten Wissenswertes über den zauberhaften Strauch.
Romantische Blüten und ein umwerfender Geruch. Flieder bewegt die Herzen und die Sinne.
Manchmal gehen Wissenschaft und Romantik eine überraschend harmonische Verbindung ein, zum Beispiel wenn es um Flieder geht: Vor rund 27 Jahren arbeitete die gelernte Diplom-Biologin Elke Haase fünf Jahre lang als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität und gründete innerhalb dieser Zeit einen Vermehrungsbetrieb. Was so nüchtern begann, erfüllt heute die Wünsche und Träume vieler Hobbygärtner. Genauer gesagt: ihre Fliederträume, denn Elke Haase versorgt die Gärten der Welt mit mittlerweile über 400 verschiedenen Fliedersorten. Die Vermehrung dieses gewaltigen Sortiments findet zwar höchst modern (und wenig romantisch) im Reagenzglas statt, aber die Sorten selbst sind vorwiegend historisch und erwecken gerade zur Hauptblütezeit im Mai nicht nur Frühlingsgefühle, sondern auch längst vergangene Zeiten wieder zum Leben.
Im späten 19. Jahrhundert erlebte die Fliederzucht einen großen Boom. Damals entstanden die gefüllten Sorten, die bis heute noch oft „französische Flieder“genannt werden, häufig aber aus Russland stammen; damals wurden die berauschend duftenden Blüten zu Tausenden für den Schnittblumenmarkt vorgetrieben – ein Muss in den Häusern der gehobenen Gesellschaft. Natürlich fand der Flieder auch seinen Weg in die Literatur, wo er mit seinem besonderen Zauber Romanfiguren und Leser gleichermaßen betörte. Ebenso verewigte die Druckindustrie sein Abbild auf zahlreichen Postkarten, die Elke Haase heute sammelt und damit die historische Freude an diesem unersetzlichen Blütengehölz dokumentiert. Was Rang und Namen hat unter Fliedern, russische, französische, niederländische oder deutsche Kreationen, historische und neue Sorten – die Jungpflanzen vermehren Elke Haase und ihre mittlerweile 70 Mitarbeiter durchweg wurzelecht. Das hat einen großen Vorteil, der schnell erklärt ist: Flieder
neigt zur Bildung von Ausläufern, insbesondere, wenn Wühlmäuse oder der eifrig jätende Gärtner die Wurzeln verletzen. Werden die Schößlinge nicht gekappt, etwa weil der Gärtner sich eine dichte Hecke wünscht oder dem Strauch mehr Masse verschaffen will, führt das im ungünstigsten Fall dazu, dass die Bodentriebe nach einigen Jahren anders blühen als die veredelte Sorte. Da die Unterlage oft vitaler ist als die veredelte Sorte, vermickert letztere schlimmstenfalls. Nicht nur deutsche Kunden schätzen daher wurzelecht vermehrte Pflanzen. Elke Haase verschickt ihre Fliederträume weltweit, ja sogar nach Sibirien. Gerade in Russland nimmt der Flieder eine besondere Stellung ein und ist dort sehr beliebt. Mit dem unwirtlichen Klima kommen nicht viele Blütengehölze zurecht. Die üppigen Hybriden aber verlangen geradezu nach ordentlichen Minustemperaturen. Fehlt nämlich der Kältereiz, öffnen sich die Blüten nicht richtig. Wer hätte gedacht, dass Sibirien einen blühenden Vorteil gegenüber Kalifornien hat? Dies trifft zumindest während der Fliederzeit zu.