Rotlicht in Landsberg
Obergrenze Die Stadt hat bald 30 000 Einwohner. Dann „droht“die Prostitution
Landsberg Mathias Neuner ist eigentlich ein zufriedener Mann. Er ist Oberbürgermeister von Landsberg, Kreisstadt im Münchner Speckgürtel, und die hat alles, was das Leben liebens- und lebenswert macht: Eine romantische Altstadt, ein reges und hochwertiges Kulturleben – derzeit läuft das Independent Filmfestival Snowdance um Schauspieler Heiner Lauterbach –, eine gesunde Wirtschafts- sowie funktionierende Schul- und Ausbildungslandschaft und noch viele andere schöne Dinge mehr. Das lockt stetig Menschen an, auch solche, die dort gerne arbeiten möchten – doch einige davon möchte der CSU-OB eigentlich gar nicht haben: die Prostituierten. Neuners Dilemma: Nur bis 30000 Einwohner, so schreibt die Verordnung über das Verbot der Prostitution in Bayern vor, darf diese untersagt werden. Am letzten Tag des vergangenen Jahres jedoch wurden 29027 Bürger gezählt und damit steuert die Gemeinde auf diese ominöse Obergrenze zu.
Bevor der OB, dessen Partei das „C“im Namen führt, weitere Schritte unternimmt, wollte er vorsichtshalber die allgemeine Stimmung sondieren. Er schrieb verschiedene Einrichtungen, Organisationen oder Stellen des öffentlichen Lebens an, etwa 30 an der Zahl, und bat um Stellungnahme. Dabei verweist er unter anderem auf die kleinstädtische Struktur, aufgrund derer „ein Landsberger derartige Einrichtungen ohnehin eher nicht aufsuchen würde, da er befürchten müsste, hierbei erkannt zu werden.“
Die Antworten bildeten die Gesamtheit der Sichtweisen ab. Von Unterstützung bis hin zur kontrollierten Freigabe reichte das Spektrum. Schulleiter zum Beispiel wunderten sich ob der Thematik und der von ihnen abverlangten Expertise. Christian Karlstetter, Leiter der Mittelschule: „Ich würde viel lieber meine Meinung zu Angelegenheiten abgeben, die unsere Aufgabe und Verantwortung betrifft.“Die evangelische Kirche sieht einen Abwägungsprozess zwischen freier Entscheidung mündiger Bürger und sittlichem Schutz der Bevölkerung, vor allem Jugendlicher. Jetzt muss der Stadtrat entscheiden.
Ordnungsamtschef Ernst Müller hat übrigens noch einen Paragrafen im Bundesstrafgesetzbuch gefunden, der unter Voraussetzungen zulässt, das Verbot aufrecht zu erhalten – bis zu einer Größe des Ortes von 50000 Einwohnern. Und: Bundesrecht bricht ja Landesrecht.
Das Stimmungsbild ist uneinheitlich