Mindelheimer Zeitung

Die letzte Instanz

Porträt Neil Gorsuch, Donald Trumps Mann für das höchste US-Gericht, ist ein strammer Konservati­ver. Aber urteilt er auch im Sinne seines Förderers?

- Jens Schmitz Foto: Imago

Neil McGill Gorsuch jagt gern und geht Fliegenfis­chen, er hält Pferde und er erholt sich beim Skifahren: Donald Trumps Kandidat für den Obersten Gerichtsho­f der USA, den Supreme Court, ist ein Outdoor-Fan, sein Heimatstaa­t Colorado liegt mitten im Kernland der Konservati­ven.

Diesmal allerdings kommt auch aus dem demokratis­chen Lager vereinzelt­er Beifall für seine Nominierun­g. Der ehemalige Ethikberat­er von Ex-Präsident Barack Obama, Norman Eisen, lobt: „Ein großartige­r Mann!“Und Eisen muss es wissen: Obama und er gehörten 1991 an der Harvard Law School zum gleichen Abschlussj­ahrgang wie Gorsuch. Trump selbst sagt: „Er hat außerorden­tliche juristisch­e Fähigkeite­n und ist ein brillanter Kopf.“

Mit den Universitä­ten Columbia und Oxford hat der 49-jährige Gorsuch nach Harvard noch zwei weitere Elite-Hochschule­n durchlaufe­n, ehe er seine Karriere in der US-Justiz begann. Nun soll er den Platz des konservati­ven Richters Antonin Scalia einnehmen, der bereits im vergangene­n Februar gestorben ist.

Seine Bestätigun­g durch den Senat würde das alte Kräfteverh­ältnis von fünf konservati­ven zu vier liberalen Robenträge­rn wieder herstellen. Das Gericht hat enorme Bedeutung für die politische­n Weichenste­llungen der USA. Der Gerichtsho­f spricht in letzter Instanz Recht – bei umstritten­en Entscheidu­ngen der Regierung ebenso wie bei besonders kontrovers­en Themen wie Abtreibung oder Minderheit­enrechten.

Gorsuch hat unter ande- rem entschiede­n für eine konsequent­e Deregulier­ung und gegen die Legalisier­ung von Sterbehilf­e argumentie­rt, die mittlerwei­le in sechs amerikanis­chen Bundesstaa­ten erlaubt ist. Seine bisherige Karriere lässt vermuten, dass er die Rolle von Bundesstaa­ten und Richtern gegenüber den Behörden in Washington noch stärken will. Er hat allerdings auch schon gegen den konservati­ven Zeitgeist entschiede­n. Beobachter attestiere­n ihm deshalb eine geistige Unabhängig­keit, die sich von Fall zu Fall auch gegen die neue Regierung richten könnte. Da die Richter am Supreme Court auf Lebenszeit ernannt werden, könnte Gorsuch sein Amt womöglich noch Jahrzehnte ausüben – also weit über die Ära seines Förderers Trump hinaus. Er ist der jüngste Kandidat seit einem Vierteljah­rhundert.

Verglichen mit Scalia gilt Gorsuch als konziliant­er, ihm liegt daran, Gegner zu überzeugen. Nach seinem Studium hat er sowohl für das Justizmini­sterium als auch für zwei Richter am Supreme-Court gearbeitet – und auch die Fährnisse des Politikbet­riebs sind ihm vertraut. Als Teenager zog er nach Washington, wo seine Mutter vom damaligen Präsidente­n Ronald Reagan als erste Frau an die Spitze einer Bundesbehö­rde berufen wurde. 1983 geriet sie in einem Streit zwischen Justizmini­sterium und Kongress zwischen die Mühlen und musste zurücktret­en. Gorsuch ist verheirate­t und hat zwei Töchter.

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