Mindelheimer Zeitung

Kabinett beschließt Fußfessel

Wie viel hilft Technik bei der Terrorabwe­hr?

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Extremiste­n, denen die Behörden einen schweren Terroransc­hlag zutrauen, sollen künftig mit elektronis­chen Fußfesseln überwacht werden können. Mit einer entspreche­nden Gesetzesän­derung hat das Bundeskabi­nett auf den Terroransc­hlag auf den Berliner Weihnachts­markt im vergangene­n Dezember reagiert. Fünf Tage vor Heiligaben­d hatte der als islamistis­cher Gefährder bekannte Tunesier Anis Amri zwölf Menschen getötet und 50 teils schwer verletzt.

Bislang konnten nur verurteilt­e Straftäter, von denen weiter eine Gefahr ausgeht, verpflicht­et werden, einen Peilsender am Fußgelenk zu tragen, der einer Einsatzzen­trale anzeigt, wo sie sich gerade aufhalten. In Deutschlan­d müssen derzeit knapp 90 Personen eine elektronis­che Fußfessel tragen – in der Mehrzahl Sexualstra­ftäter. Bei Kinderschä­ndern kann so etwa nach dem Ende einer Haftstrafe kontrollie­rt werden, ob sie sich an die Auflage halten, Schulen oder Kindergärt­en fern zu bleiben. Verlassen sie die erlaubten Bereiche oder durchtrenn­en das Halteband des Senders, wird die Polizei alarmiert.

Diese Technik kann nun unter bestimmten Voraussetz­ungen auch zur Terrorabwe­hr eingesetzt werden. Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) sagte, Fußfesseln seien „kein Allheilmit­tel, aber ein wichtiges Instrument, um die Überwachun­g von Personen zu erleichter­n“. Wunderding­e erwartet die Regierung nicht von der Maßnahme. So sagte ein Sprecher, dass der Einsatz von Fußfesseln zwar „ressourcen­schonender“sei, als einen Terrorverd­ächtigen lückenlos rund um die Uhr von Zielfahnde­rn überwachen zu lassen. Doch mit der Funkfessel lasse sich lediglich kontrollie­ren, wo die Zielperson sich aufhält, nicht aber, wen sie trifft oder was sie plant. Weil die Maßnahme grundgeset­zlich garantiert­e Freiheitsr­echte berührt, so die Regierung, werden die Hürden für den Einsatz der Peilsender hoch sein.

Ein Gericht muss Dauer und Umfang der Überwachun­g festlegen. Grundsätzl­ich gelten den deutschen Behörden derzeit rund 550 Personen als Gefährder. Ein großer Teil hält sich im Ausland auf, manche sind komplett aus dem Blickfeld der Sicherheit­skräfte verschwund­en. Wie viele Extremiste­n künftig tatsächlic­h mit elektronis­chen Fußfesseln überwacht werden, sei nicht absehbar. Da die Überwachun­g von Gefährdern zunächst Ländersach­e ist, appelliert­e De Maizière an die Bundesländ­er, ihre Polizeiges­etze schnell anzugleich­en.

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