Frei oder gefangen?
Ausstellung 18 Künstler und Kollektive setzen sich mit Fragen rund um Freiheit auseinander – und geben teils kuriose Antworten
Memmingen Der Titel der neuen Ausstellung in der Memminger Mewo-Kunsthalle – „Freiheit, die ich meine …“– lässt erkennen, dass der Begriff Freiheit nicht einfach zu fassen ist und viele Deutungen möglich sind. 18 Künstler und Künstlerkollektive sind der Frage, was Freiheit heute für sie bedeutet, in ihren Beiträgen nachgegangen. Die für 2018 geplante, vorverlegte Ausstellung bietet gerade zur rechten Zeit ein längst fälliges und notwendiges Forum, um sich über einen Begriff zu verständigen, der immer mehr in Bedrängnis zu geraten scheint.
Bemerkenswert ist die Bandbreite der Künstler. Mewo-Leiter Axel Lapp ist es gelungen, ein großes Spektrum aus regional und international tätigen Künstlern nach Memmingen zu holen, die sich mit der spannenden Frage nach der Freiheit, die gleichzeitig auch die nach unserer Kultur und unseren Grundrechten einschließt, auseinander- setzten. Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Künstler ist sicher Wolfgang Tillmans, der 2000 als erster Fotograf und Nichtengländer den renommierten Turner-Preis erhalten hat. Seine „Pro-EU anti-Brexit Poster Campaign“mit 30 kämpferischen Plakattexten sind die wohl tagesaktuellsten und politisch eindeutigsten Arbeiten.
Da das Thema Freiheit bewusst nicht auf einen bestimmten oder nur politischen Aspekt beschränkt wurde, entstanden auch Werke zur Freiheit des Geschmacks, der Form, der Bewegung und des Glaubens. Hannes Egger sammelte in einer alten Jukebox von Memminger Bürgern 100 Lieblingslieder zur freien Auswahl.
Sebastian Hammwöhner nimmt sich die Freiheit, mit Pastellkreide ganz neue Formen und Muster im Stile aztekischer Teppiche zu entwerfen. Bei der Leipziger Künstlergruppe Famed ist Hoffnung für 50 Cent zu haben. Erst nach dieser Investition bestrahlt das aus Leucht- stoffröhren konstruierte Wort Hope den Raum.
In Yvonne Chabrowskis Video „Dynamics“beobachtet eine Kamera aus der Vogelperspektive, wie dicht gedrängte Menschen mit ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit umgehen. Martin G. Schmidt collagiert in einem vielschichtigen Druckverfahren Flüchtlingstrecks mit Ansichten seiner schwäbischen Heimatlandschaft zu „Syringen“und „Flüchtlingen“.
Ein emotional eindringliches und klares Arrangement aus vorgefundenen Objekten gestaltet Stephan A. Schmidt mit einem täuschend echten Baby, das von einem Einnetzgerät für Weihnachtsbäume wegkrabbelt und sich doch hoffnungslos im einengenden Netz verfängt. Mit seinen in arabischen Schriftzeichen geschriebenen Zwölf Artikeln, welche die rebellierenden Bauern 1525 in Memmingen als Forderung gegenüber dem Schwäbischen Bund erhoben, geht der Kemptener Künstler als einziger auch in den öffentlichen Raum außerhalb der Kunsthalle. Die schwarzen Tafeln mit weißer Schrift, die in ungewohnten Zeichen die erste Niederschrift von Freiheitsund Menschenrechten in Europa wiedergeben, werden als Plakate im Stadtgebiet zu sehen sein.
Auch wenn die Begriffe Freiheit und Kultur manchmal vielschichtig, manchmal rätselhaft in subjektiven Perspektiven aufscheinen, bieten weitere Videos von Castro & Ólafson, großformatige Fotos von Müller & Elzel, Andrzej Steinbach und die dokumentierten Reaktionen auf eine spektakuläre Aktion von Wermke & Leinkauf mit der amerikanischen Flagge eine Fülle von Material und sehenswerte Anregungen, um sich mit dem Begriff Freiheit auseinanderzusetzen.
Die Ausstellung läuft bis 1. Mai. Geöffnet am Dienstag, Mittwoch, Frei tag, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr, am Donnerstag von 13 bis 19 Uhr.