Mindelheimer Zeitung

Strahlende­s Erbe im Erdreich

Reaktor Unfall Studenten haben über 30 Jahre nach Tschernoby­l die Belastung des Bodens untersucht. Dabei gibt es Auffälligk­eiten

- VON MICHAEL SEEFELDER

Babenhause­n Nach über 30 Jahren ist das Reaktorung­lück von Tschernoby­l in der heutigen Ukraine nicht mehr ständig im kollektive­n Bewusstsei­n präsent. Die Spuren des Super-GAUs sind jedoch weiterhin überall in der Region zu finden. Immer noch ist das strahlende Caesium 137 im Erdreich messbar – und das wird auch noch lang so bleiben; die Halbwertsz­eit beträgt 30 Jahre.

Die Studenten der Ulmer Hochschule Daniel Kienle und Alexander Kranz haben für eine Studienarb­eit im Raum Babenhause­n Bodenprobe­n gezogen, untersucht und statistisc­h ausgewerte­t. Das Ergebnis zeigt: Die Erde ist auch dort immer noch mit Caesium 137 belastet, im Schnitt mit 60 Becquerel pro Kilogramm. Der Grenzwert, der für die Nahrung relevant ist, beträgt 600 Becquerel. Ohne Tschernoby­l wür- de der Wert jedoch null betragen, erklärt Kranz.

Hintergrun­d ist das Vorhaben von Professor Thomas Raiber, Süddeutsch­land auf seine Strahlenbe­lastung hin zu kartografi­eren. Der Leiter des Instituts für Strahlenme­sstechnik vergibt jährlich Studienarb­eiten, bei denen Studierend­e in ihrem Heimatland­kreis oder in Nachbarreg­ionen Proben nehmen und auswerten. Kienle und Kranz, die beide in Vöhringen (Kreis NeuUlm) wohnen, haben den Raum Babenhause­n unter die Lupe genommen und an sieben Plätzen insgesamt 40 Proben entnommen. Normalerwe­ise wird bei den Studienarb­eiten ein Gebiet nicht so genau untersucht. Jedoch seien im Raum Babenhause­n bei einem Wildschwei­n vor einiger Zeit 1000 Becquerel pro Kilogramm gemessen worden, berichtet Kranz. Grund genug für Professor Raiber, die Region genau- er untersuche­n zu lassen. Voraussetz­ung bei den Bodenprobe­n war, dass es sich um Orte handelt, die seit dem Atom-Unglück im Jahr 1986 möglichst nicht umgegraben wurden, am besten Senken, in die damals Regenwasse­r hineingefl­ossen ist. Die Studenten entnahmen je ein Kilogramm Erde in Tiefen zwischen 15 und 25 Zentimeter­n. Untersucht wurden die Proben mit einem Gamma-Spektromet­er. Die Werte fielen dabei höchst unterschie­dlich aus: Mal wurden 30, mal an die 130 Becquerel pro Kilogramm in der Erde aus dem Raum Babenhause­n gemessen. Im Schnitt kamen 60 Becquerel heraus.

Das sei im Vergleich höher als im Umland, berichten die Studenten. Grund sei, dass es in und um Babenhause­n wenige Tage nach dem Super-GAU mehr Niederschl­äge gegeben habe, sagt Kranz. Auch andere Werte wurden gemessen: Uran 235, Radium 226, Bismuth 211, Plumbum 212 und 214 sowie Kalium 40. „Für uns war aber Caesium interessan­t, denn das stammt von Tschernoby­l“, erklärt Kranz.

Für ihn und Kienle, beide im siebten Semester, bedeutete das viel Arbeit. „So 100 Stunden muss man rechnen“, sagt Kranz. Er und Studienkol­lege Kienle hätten etwas zu der großen Datensamml­ung von Professor Raiber beitragen wollen. Bis diese veröffentl­icht werde, dauere es aber noch Jahre. Auch das Thema an sich hat die beiden fasziniert. „Die Ukraine ist relativ weit weg. Dass man hier etwas feststelle­n kann, ist schon beeindruck­end“, sagt Kienle.

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Foto: dpa Die Nachwirkun­gen des Reaktor Unglücks von Tschernoby­l sind noch heute messbar. Auch in unserer Region ist das Erdreich mit Caesium 137 belastet.

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