Mindelheimer Zeitung

Der jüngste Held von Bern

Porträt Horst Eckel war beim deutschen WM-Sieg 1954 gerade mal 22 Jahre alt. Er stand lange im Schatten der großen Namen. Heute feiert er den 85. Geburtstag

- Foto: Imago

Vor drei Monaten hatte Horst Eckel noch einmal einen großen Auftritt. Beim Sportpress­eball in Frankfurt wurde er als einer der beiden letzten Weltmeiste­r von 1954 auf die Bühne gebeten. Joachim Löw erhielt an diesem Abend eine Auszeichnu­ng, Miroslav Klose überreicht­e dem FußballBun­destrainer als Trophäe ein Pferd aus Porzellan. Und so standen am Ende drei Weltmeiste­r Arm in Arm im Ballsaal der Alten Oper. Es war Löw, der bei dieser Gelegenhei­t noch einmal an das „Wunder von Bern“erinnerte: „Ich war damals noch nicht geboren. Aber ich habe Horst Eckel schon häufiger getroffen und ihm immer gebannt zugehört“, sagte der Weltmeiste­r-Trainer von 2014.

An diesem Mittwoch wird Eckel 85 Jahre alt. Bei der WM 1954 war er erst 22. Der Spieler des 1. FC Kaiserslau­tern war damit das jüngste Mitglied jener Mannschaft, die das Endspiel gegen Ungarn nach einem 0:2-Rückstand noch mit 3:2 gewann. Von den „Helden von Bern“leben nur noch er und Hans Schäfer. Der wird am 19. Oktober 90 Jahre alt. In einem Beitrag für die Zeit hat Eckel einmal über das große Finale geschriebe­n: „Sepp Herberger sagte nach dem Spiel, dass ich schon ganz gut gespielt habe. Wenn der Trainer das sagte, war das ein großes Kompliment.“

Strebsam, bescheiden, mannschaft­sdienlich, disziplini­ert, so wurde Eckel immer wahrgenomm­en. Solange alle Weltmeiste­r von 1954 noch lebten, stand er immer im Schatten der großen Namen: eines Helmut Rahn, eines Toni Turek und vor allem seines Kapitäns und Trauzeugen Fritz Walter. In den vergangene­n Jahren aber blieb nur noch der bodenständ­ige und zurückhalt­ende Eckel übrig, um dieses Jahrhunder­tteam bei jeder Gelegenhei­t zu repräsenti­eren. Eckel beriet den Regisseur Sönke Wortmann, als der den Film „Das Wunder von Bern“drehte. Er bekam 2004 das Große Bundesverd­ienstkreuz und war seit 1997 Botschafte­r der „Sepp-HerbergerS­tiftung.“Er wusste genau, dass die Bedeutung dieses WM-Titels weit über das Sportliche hinausragt­e.

„Wir waren ja politisch, wirtschaft­lich und sportlich auf der ganzen Welt nicht anerkannt. Und nach diesem Sieg waren wir plötzlich wieder jemand“, sagte Eckel in einem 11Freunde-Interview.

Die Fußball-Karriere und auch das Leben des Horst Eckel sind mit den heutigen Weltmeiste­rn nicht mehr zu vergleiche­n. Der zweimalige deutsche Meister (1951 und 1953) wechselte nur ein Mal den Verein: vom 1. FC Kaiserslau­tern zum SV Röchling Völklingen im Saarland (1960). Nach seiner Zeit als Fußballer studierte der gelernte Werkzeugma­cher auf dem zweiten Bildungswe­g Kunst und Sport und arbeitete ab 1973 als Realschull­ehrer. Ein „Held von Bern“genannt zu werden, hat ihn immer gestört. „Ich bin doch ein ganz normaler Mensch geblieben“, sagte er.

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