Trumps bizarrer Feldzug gegen die Medien
USA Der Präsident behauptet, die Presse würde Terroranschläge totschweigen. Was steckt dahinter?
Augsburg Eher verändert ein Leopard die Flecken auf seinem Fell, als dass im politischen Washington unter Donald Trump wieder Ruhe und Berechenbarkeit einkehren, zitiert der US-Sender anonym einen führenden, frustrierten Politiker der Republikaner. Tatsächlich vergeht kaum ein Tag, an dem sich weltweit die Menschen nicht fragen, was hat Donald Trump heute wieder rausgehauen? Gibt es ein neues Ziel seiner wütenden Rundumschläge?
Dieses Mal sind die Medien dran. Wie bereits als Kandidat pflegt Trump auch als Präsident – nach dem Muster anderer Rechtspopulisten – den Vorwurf der „Lügenpresse“. Mit dieser Methode soll pauschal die Glaubwürdigkeit kritischer Berichterstattung erschüttert werden. In den USA bestimmt derzeit die Kritik an Trumps Einreiseverbots-Dekret die Schlagzeilen. Trump griff erst die unabhängige Justiz an, die seinen Bann stoppte, und nun die Presse: In einer Rede vor dem US-Zentralkommando in der Florida-Küstenstadt Tampa warf Trump den – seinen Worten zufolge „sehr verlogenen“– Medien vor, sie würden in ihren Berichten islamistischen Terror verharmlosen und sogar verschweigen.
Im Wortlaut sagte der Präsident vor den anwesenden Soldaten: „Sie haben gesehen, was in Paris und Nizza passiert ist. Es passiert überall in Europa. Es ist ein Punkt erreicht, an dem gar nicht mehr darüber berichtet wird. Und in vielen Fällen will die sehr, sehr verlogene Presse gar nicht darüber berichten. Sie haben ihre Gründe, und ihr versteht das.“Weltweit lösen Trumps Anschuldigungen bei Journalisten Kopfschütteln aus. Denn in den vergangenen Jahren wurde über wenig andere Ereignisse in einem größeren Umfang berichtet als etwa über die Terroranschläge in Frankreich.
Noch bizarrer wirkte in den Augen von US-Medienvertretern, dass das Weiße Haus offiziell eine Liste von 78 Terroranschlägen veröffentlicht, über die Journalisten „nicht genug“berichtet hätten. Darunter auch jene Attentate mit sehr vielen Toten von Paris, Nizza, Brüssel oder Berlin – obwohl die islamistischen Anschläge selbstverständlich in den USA tagelang Nachrichtenaufmacher waren. Es finden sich auf der Liste auch Angriffe von Islamisten auf einzelne Polizisten. So auch jener, als vor einem Jahr eine 15-Jährige in Hannover einem Bahnpolizisten ein Messer in den Hals gerammt hatte. Über diesen Fall berichtete die US-Nachrichtenagentur ebenso wie andere internationale Medien.
Manche Taten auf der Liste dürften es tatsächlich nicht in viele Nachrichtenspalten der Weltpresse geschafft haben, etwa ein Brandanschlag mit einem Molotowcocktail auf eine Moschee in Malmö ohne
Associated Press
Verletzte vergangenen Oktober. Das ist schlicht journalistisches Alltagsgeschäft – die Nachrichtenauswahl nach dem Kriterium der Relevanz für die Leser oder Zuschauer.
Seit Wochen grassiert der „FakeNews“-Vorwurf auf beiden Seiten: So erregte Präsidenten-Beraterin Kellyanne Conway nicht nur damit Aufsehen, dass sie falsche Angaben über die Besucherzahl bei der Trump-Vereidigung als „alternative Fakten“verteidigte. Conway musste auch beim Thema Terror eigene Falschinformationen eingestehen: So fabulierte sie jüngst in mehreren Interviews über einen Anschlag, den Iraker in der US-Stadt Bowling Green begangen hätten, als „Bowling-Green-Massaker“.
Tatsächlich wurden in dem Ort im Bundesstaat Kentucky 2011 zwei Iraker festgenommen. Allerdings wurden ihnen Terroraktivitäten in ihrer Heimat Irak zur Last gelegt. „Über das Bowling-Green-Massaker ist nicht berichtet worden, weil es sich nicht ereignet hat“, schrieb die lapidar. Trump-Beraterin Conway verteidigte sich, ihre Aussage sei nur ein „Versprecher“gewesen.