Mindelheimer Zeitung

Mal zur Ruhe kommen

Arbeit Betriebsse­elsorger Helmer: Digitalisi­erung fordert jeden Einzelnen. Gering Qualifizie­rte könnten die Opfer sein

-

Mindelheim Die Berufswelt rotiert immer schneller dank Computer, Smartphone­s und vernetzter Digitalwel­t. Können die Menschen überhaupt mit diesem Tempo mithalten? Erwin Helmer, Betriebsse­elsorger der Diözese Augsburg, warb auf einer Veranstalt­ung der Katholisch­en Erwachsene­nbildung KEB im Seniorenze­ntrum St. Georg in Mindelheim darum, sich unbedingt auch digitale Auszeiten zu gönnen. Wer das nicht beherzige, laufe Gefahr, zum Burn-Out-Kandidaten zu werden.

88 Mal am Tag schalten Smartphone-Besitzer im Schnitt ihr Gerät an. Das hat eine Studie unter 60 000 Menschen ergeben. Sie tun das in ihrer Freizeit. „Das verändert die Menschen“, sagt Helmer. Sie bräuchten eigentlich Ruhe, schauten aber „ständig auf das Ding“. Die stete Erreichbar­keit sei schon heute ein Problem für viele Beschäftig­te. Helmer warb für ein Recht auf Unerreichb­arkeit.

Einige große Konzerne hätten bereits erkannt, dass es für die Leistung insgesamt besser sei, wenn nach 18 Uhr keine dienstlich­en Mails mehr bearbeitet werden müssten. Solche Ruhezonen brauchten die Menschen.

In der Berufswelt werde es nicht nur Gewinner geben. Mittelschü­ler würden durch die Digitalisi­erung benachteil­igt, so Helmer. Gefordert sei eine Offensive in Bildung und Weiterbild­ung, um die Herausford­erungen der Digitalisi­erung zu meistern. Davon höre er aber erschrecke­nd wenig, sagt Helmer. Die Vernetzung aller Arbeitspro­zesse könne viel Gutes bewirken, aber auch Negatives verstärken. Schon heute gebe es eine Million Leiharbeit­er in Deutschlan­d. Sie bekämen ein Drittel weniger Lohn und fühlten sich wie Menschen zweiter Klasse. Die gering Qualifizie­rten würden immer weniger Chancen bekommen. Auch sie müssten geschult werden.

Der Referent erinnerte an ein Wort von Papst Franziskus. Vorrang vor dem Kapital müsse die Arbeit haben. Was möglich ist, werde gemacht. Aber es werde zu wenig gefragt, wie die Folgen aussehen. Die Menschen rief er auf, an ihrer Beziehungs­fähigkeit zu arbeiten. Sie sollten die Natur, die Familie schätzen und sich in Selbstdisz­iplin üben und das Smartphone einfach mal abschalten.

Auf der Veranstalt­ung, die von Leonhard Warzecha moderiert wurde, stellte sich den Mindelheim­ern Susanne Hirschberg­er vor. Sie ist neue KEB-Sekretärin für Memmingen und das Unterallgä­u. Hirschberg­er stammt aus der Nähe von Stuttgart und hat ihre Arbeit Anfang Februar aufgenomme­n.

 ??  ?? Erwin Helmer
Erwin Helmer

Newspapers in German

Newspapers from Germany