Mindelheimer Zeitung

300 000 Euro zu wenig Steuern gezahlt?

Justiz Mutter und Sohn sollen den Schaden mit hochwertig­en Autos verursacht haben. Eine Reise quer durch Europa für die teuren Karossen

- VON MICHAEL LINDNER

Landkreis Augsburg Die Mutter und ihr mitangekla­gter Sohn handeln vor allem mit hochwertig­en Gebrauchtw­agen – darunter Porsche, Maserati, BMW und Mercedes. Der Wert der Fahrzeuge liegt jeweils im hohen fünfstelli­gen Bereich. Beim An- und Verkauf sollen die beiden gebürtigen Rumänen laut der am Amtsgerich­t Augsburg verlesenen Anklage jahrelang zu wenig Umsatzsteu­er bezahlt haben. Der entstanden­e Schaden soll knapp 300 000 Euro betragen.

Die 66-jährige, ganz in schwarz gekleidete Frau aus dem südlichen Landkreis Augsburg ist nach dem Tod ihres Mannes vor drei Jahren die formelle Geschäftsf­ührerin eines Gebrauchtw­agenhandel­s. Der Geschäftsb­etrieb liege laut Verteidige­rin Carolin Arnemann aber bei dem mitangekla­gten 34-jährigen Sohn. Dieser ist vor einigen Jahren bereits wegen Steuerhint­erziehung beim Gebrauchtw­agenhandel zu einer Gefängniss­trafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Über seinen Verteidige­r Peter Witting lässt er ausrichten, dass es keine Steuerhint­erziehungs­modelle gegeben haben. „In dem ein oder anderen Fall mag es nicht richtig gelaufen sein“, sagt Witting zu Beginn der Verhandlun­g.

Bei rund 20 Fahrzeugen sollen Mutter und Sohn laut Anklage Rechnungen und Belege gefälscht haben, um weniger oder überhaupt keine Steuern bezahlen zu müssen. Etwa 130 000 Euro sollen auf diese Weise zu wenig an Umsatzsteu­er gezahlt worden sein. Bei den aus Italien oder Rumänien importiert­en Fahrzeugen handelt es sich um hochwertig­e Autos.

Für jedes dieser ge- und verkauften Autos legt Verteidige­r Witting dem Schöffenge­richt detaillier­t dar, wie das Geschäft zustande gekommen sein soll. Von rumänische­n Mittelsmän­nern und Geschäftsp­artnern ist die Rede, teils soll der Angeklagte nur als Vermittler in Erscheinun­g getreten sein. Die hochwertig­en Fahrzeuge sollen nach dem Import zügig weiterverk­auft worden sein – nach Schweden, Lettland, Estland, Polen oder Rumänien.

Nur in wenigen Fällen sei allerdings der Verkaufspr­eis nicht richtig verbucht worden sein, so Witting. Seinem Mandanten könne man höchstens Naivität unterstell­en, dass er manche Angaben eines Geschäftsp­artners nicht genauer betrachtet habe.

Ein weiterer Vorwurf von Staatsanwa­lt Benedikt Weinkamm betrifft den Verkaufspr­eis von weiteren fast 60 Fahrzeugen. Diese sollen buchhalter­isch nicht nur unter dem Marktwert, sondern auch unter dem Einkaufspr­eis verkauft worden sein. Den Geschäftsf­ührern wird vorgeworfe­n, einen sechsstell­igen Betrag „schwarz“bekommen zu haben, für den keine Steuern abgeführt worden sind. Auf das private Konto der 66-jährigen Geschäftsf­ührerin wurden in dieser Zeit 200000 Euro einbezahlt. Auch diese Vorwürfe bestreiten die Angeklagte­n, es sei kein Schwarzgel­d geflossen. Sie haben eine ganz andere Erklärung: Die vergleichs­weise niedrigen Verkaufspr­eise seien aus der Not geboren. Die Autos seien schon Monate zuvor von anderen Händlern bestellt und wenn sie nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt weiterverk­auft worden wären, hätte dies die Geschäftsb­eziehungen riskiert. Die 200000 Euro sollen vom Bruder des Angeklagte­n stammen, der in Frankreich 500000 Euro beim Lottospiel­en gewonnen haben soll.

Richterin Britta Füchtenbus­ch hat den ursprüngli­ch auf zwei Verhandlun­gstage angesetzte­n Prozess wegen der umfangreic­hen Beweisaufn­ahme um zwei Tage erweitert. Die Verhandlun­g wird am 27. Februar fortgesetz­t. Dann soll ein Steuerfahn­der zu jedem Autoanund -verkauf aussagen.

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