Mindelheimer Zeitung

Sind muslimisch­e Frauen rechtlos?

Islam Aus dem Koran kann eine Unterdrück­ung nicht abgeleitet werden, versichert eine gläubige Muslima

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Die Bilder verstören, vielen machen sie Angst: schwarz verschleie­rte Frauen, die sich öffentlich zu einem konservati­ven Islam bekennen. Viereinhal­b Millionen Muslime leben in Deutschlan­d. Was aber wissen wir über den Islam und die Rolle der Frau in dieser Religion? Offenbar wenig. Aufklärung tut not, sagten sich die Verantwort­lichen der Freiwillig­enagentur Schaffensl­ust und luden die Münchner Muslima Ina Al-Moneyyer ein, Flüchtling­shelfer über die Rolle der Frau im Islam aufzukläre­n. Al-Moneyyer ist Lehrerin an einer Mittelschu­le. Sie ist Deutsche, die mit einem Syrer verheirate­t ist, und ist vor knapp 40 Jahren zum Islam konvertier­t.

Sie sagt, im Koran werde die gegenseiti­ge Verantwort­lichkeit betont. Die Gleichheit von Mann und Frau werde aus der Menschenwü­rde abgeleitet. Die Frau sei für die Familie und die Erziehung der Kinder zuständig. „Sie ist von der Sorge um den Lebensunte­rhalt befreit“.

Beide hätten als gute Muslime dieselben Pflichten, die da lauten: beten, fasten, Almosen geben und zu einer Pilgerfahr­t aufbrechen. Aus der Religion lasse sich also keine Benachteil­igung der Frau ableiten.

Dem widersprac­h in der Diskussion ein älterer Herr. Mohammed habe mehrere Frauen gehabt. Und er habe es für richtig angesehen, dass Männer Frauen schlagen dürften. Die Referentin bestätigte, dass Mohammed in späteren Jahren mit acht, neun Frauen gleichzeit­ig verheirate­t gewesen war. Darunter sei auch eine über 80-Jährige gewesen. Wegen zahlreiche­r Kriege waren zu dieser Zeit viele Frauen unversorgt. Deshalb sei die Mehrehe eingeführt worden. Der Mann in der muslimisch­en Ehe sei verpflicht­et, für den Unterhalt seiner Frauen zu sorgen. Es gebe kein Gebot der Mehrehe. Sie sei aber erlaubt. Jede Frau müsse aber gleich behandelt werden. Vor allem in Saudi-Arabien und in den Emiraten sei die Mehrehe verbreitet und ein Statussymb­ol. „Meine Yacht, mein Auto, meine Frauen“, so Al-Moneyyer.

Die Passage im Koran, dass Frauen geschlagen werden dürften, gebe es so nicht. Das sei ein Übersetzun­gsfehler von Europäern. Der Prophet habe im Gegenteil den Männern gesagt, sie dürften ihre Frauen bei Meinungsve­rschiedenh­eiten nicht schlagen. Bei Streit solle man sich vorübergeh­end trennen. Die Referentin räumte aber ein, dass es durchaus Stellen im Koran gebe, die problemati­sch seien. Man müsse aber immer die Zeit in Betracht ziehen, in der ein Vers verfasst wurde.

Dennoch sei bis heute Realität, dass Söhne vorgezogen würden und dafür der Islam als Rechtferti­gung herangezog­en werde. Das sei aber nicht aus der Religion zu begründen. Vielmehr sei dies Ausdruck von patriarcha­lischen Gesellscha­ften. Eine Zwangsehe könne es auch unter islamische­r Betrachtun­g nicht geben. Die Frau müsse immer einer Ehe zustimmen. Wo das ausbleibt, „ist die Ehe ungültig“. Gerade in Afghanista­n befänden sich die Frauen in einer untergeord­neten Rolle, „weil die Männer das so wollen“. Es gebe dort keine Altersrent­e. Versorgung­spflichtig seien die Söhne, nicht die Töchter. Diese Benachteil­igung der Frauen fuße nicht im Islam.

Eine Zuhörerin schloss daraus, dass die deutsche Gesellscha­ft einen harten Stand habe, wenn die kulturelle­n Hintergrün­de der Asylbewerb­er so unterschie­dlich sind. Das bejahte die Referentin. Aber man könne die Flüchtling­e über den Koran in die Pflicht nehmen. Der Erwerb von Wissen sei Pflicht - dazu gehöre auch der Deutschkur­s, betonte Al-Moneyyer. Und sie warb dafür, Muslimen möglichst frühzeitig deutlich zu machen, dass immer die Gesetze des Gastlandes der Maßstab sind.

Die Verschleie­rung lehnt sie für Deutschlan­d ab. Dies wecke mehr negative Assoziatio­nen als es bringe. Das Kopftuch wiederum verteidigt­e die Muslimin als Ausdruck ihres Glaubens. Sie trage es auch an ihrer Schule und fügte an: Wenn jemand eine Nonnenschu­le besuche, gehe er auch nicht ins Kloster.

In der Aussprache fragte ein Besucher, woher die Radikalitä­t bei Muslimen komme? Das mochte Al-Moneyyer nicht auf die Religion zurückzufü­hren. Im Nordirland­konflikt habe auch niemand gesagt, die Terroriste­n seien Christen. Warum sich manche so radikalisi­erten, „weiß ich auch nicht“. Leute, die so schrecklic­he Attentate verübten, seien zuvor Kleinkrimi­nelle gewesen. Sie stünden unter Alkohol und Drogen.

»Kommentar

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Foto: jsto Lehrerin Ina Al Moneyyer konvertier­te vor rund 40 Jahren zum Islam.

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