Mindelheimer Zeitung

Eintauchen in Klangräume und Hörbilder

Projekt Bhavisha Panchia aus Südafrika bereitet in der Mewo-Kunsthalle eine Schau mit Soundinsta­llationen vor

- VON BRIGITTE HEFELE BEITLICH Foto: Brigitte Hefele Beitlich

Memmingen Wir leben in einer globalisie­rten Welt, in der Informatio­nen, aber auch Musik oder Video-Clips in Sekundensc­hnelle übers Internet in die entlegenst­en Winkel der Erde gelangen. Welchen Einfluss hat das auf die Kultur der einzelnen Länder? Und wie haben solche Transfers vor dem Medien-Zeitalter funktionie­rt? Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftig­t sich die Südafrikan­erin Bhavisha Panchia in ihrem Ausstellun­gsprojekt „Going Native“, das sie derzeit in der Mewo-Kunsthalle vorbereite­t. Sie lebt für 18 Monate als Gastkurato­rin in Memmingen – als eine von 18 internatio­nalen, jungen „Fellows“(Stipendiat­en) in Deutschlan­d, die in einem Programm der Kulturstif­tung des Bundes gefördert werden (siehe auch Eröffnet wird ihre Ausstellun­g im September.

Eine interaktiv­e und interdiszi­plinäre Schau mit Werken von etwa zehn zeitgenöss­ischen, internatio­nalen Künstlern konzipiert die 31-Jährige bis dahin. Mit Klang- und Rauminstal­lationen, auf die sich die Besucher einlassen sollen. „Sie sollen nicht nur vorbeigehe­n, sondern sich hinsetzen, lesen und hören“, sagt Panchia. Und so den Klangfarbe­n, Hörbildern und Klangwirku­ngen nachspüren, auf die sie in der Ausstellun­g treffen, Filme auf sich wirken lassen und in Texten stöbern, die mit den kulturelle­n Einflüssen von und auf Musik zu tun haben. Ein Katalog mit Kurzgeschi­chten, Reflexione­n und Essays begleitet die Schau.

Noch reist Panchia viel, schaut sich Ausstellun­gen an und knüpft Kontakte zu Künstlern aus verschiede­nen Ländern, die gerade in Deutschlan­d ausstellen oder hier le- ben. Sie selbst hat Bildende Kunst und Kunstgesch­ichte in Johannesbu­rg (Südafrika) studiert. Danach wurde sie – als erst dritte Südafrikan­erin – für ein Masterstud­ium vom renommiert­en Zentrum für Kuratorisc­he Studien am Bard College (CCS Bard) in Upstate New York aufgenomme­n. Das gilt als eines der weltweit progressiv­sten Ausstellun­gsund Forschungs­zentren für zeitgenöss­ische und experiment­elle Kunst, an dem beispielsw­eise auch die Kuratorin der nächsten Berlin Biennale, Gabi Ngcobo, studiert hat.

Solche Kontakte helfen Panchia natürlich, um bedeutende Künstler nach Memmingen zu holen. Bereits zugesagt hat Emeka Ogboh, dessen Soundinsta­llation „Song of the Germans“auf der letzten Kunst-Biennale in Venedig viel Beachtung fand: Der Nigerianer, der zur Zeit in Berlin lebt, hat dafür von zehn afrikanisc­hen Flüchtling­en in Deutschlan­d die Nationalhy­mne einsingen lassen, in ihren jeweiligen Sprachen. „Diese Arbeit wollte ich auch für meine Ausstellun­g“, sagt Panchia, „er hatte sie aber schon an eine deutsche Kunstsamml­ung verkauft“. Doch Ogboh arbeitet bereits an einem neuen, exklusiven Werk für Memmingen, verrät sie.

Grenzen und Nationalit­äten hat Ogboh allein mit Klängen in seiner Installati­on verschmelz­en lassen. Damit beschäftig­t sich auch Panchia. Sie erforscht die Methoden der Aneignung von Klängen und Musik und globale Prozesse, in denen wieder etwas Neues entsteht. Als Beispiel nennt sie die multiplen Ursprünge des Welthits „Lambada“der Gruppe „Kaoma“: Zwei Franzosen haben den Tanz in Brasilien entdeckt und ihn dann in Paris als Song produziert, unter anderem mit der brasiliani­schen Sängerin Loalwa Braz und dem argentinis­chen Tango-Bandonéoni­sten Juan José Mosalini. (Gerade erst wurde bekannt, dass Loalwa in der Nacht auf Donnerstag ermordet wurde.) Benannt hat sich die Truppe nach der Provinzsta­dt „Kaoma“im afrikanisc­hen Sambia.

Bei aller Internatio­nalität will Panchia die Aufmerksam­keit aber auch auf deutsche Künstler lenken, die sich mit dieser Thematik beschäftig­en.

Ausgestatt­et ist sie für ihr ehrgeizige­s Projekt jedenfalls finanziell besser als die Mewo-Kunsthalle üblicherwe­ise. „Wir bekommen etwa 50000 Euro von der Kulturstif­tung des Bundes für diese Ausstellun­g“, sagt Kunsthalle­nleiter Axel Lapp. „Das ist ungefähr so viel wie unser kompletter Jahresetat“.

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Eine Ausstellun­g mit Raum und Klanginsta­llationen bereitet Gastkurato­rin Bhavisha Panchia aus Südafrika in der Mewo Kunst halle vor.

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