Wie geht es nun weiter?
Verkehrskonzept Bürgermeister befürchtet Kostenexplosion. Befürworter verweisen darauf, dass die Hauptstraße wohl für viel Geld umgebaut werden müsste, wenn das Konzept gekippt würde. Das ist nicht das einzige Problem
Bad Wörishofen Die Debatte um das Verkehrskonzept in Bad Wörishofen war intensiv. „Bürgermeister Paul Gruschka (FW) möchte, dass alles so wird, wie es einmal war“, konstatierte CSU-Fraktionssprecherin Christiane Maria Rapp. Gruschka hatte zuvor eine Menge Gründe gegen das Verkehrskonzept ins Feld geführt, unter anderem die bisherigen Kosten von 81000 Euro und weitere zu erwartende Kosten, etwa 18 000 Euro für Fahrradpiktogramme auf den Straßen, 3000 Euro für Schilder, 3000 Euro für die Eröffnung des Verkehrskonzepts und sogar 190 000 Euro, wenn auch die umstrittenen blauen Linien von einer Fachfirma erneuert werden. 140 neue zusätzliche Schilder habe die Stadt bislang für das Verkehrskonzept aufgestellt. Weitere müssten folgen, dabei sei man ohnehin an der unteren Grenze dessen, was nötig wäre.
Nur sehr wenige Menschen hätten sich zudem im Rahmen der Gästebefragung für Bad Wörishofen aus dem Grund „Radfahren“entschieden, auch die Verkehrszählungen gäben ein Weitermachen nicht her, signalisierte Gruschka. Hier hakte Jürgen Thiemann (SPD) ein. Vergleichbar seien in den Auflistungen nur die Augustzahlen – vor dem Konzept und nach dem Konzept. Und da könne man sehr wohl sehen, dass die Zahl der Autos auf der Hauptstraße von 35402 auf 23292 gesunken sei, gleichzeitig die Zahl der Radfahrer von 4522 auf 7374 gestiegen sei. Das Konzept habe also einen Effekt, stellte Thiemann fest. CSU-Sprecherin Rapp erinnerte außerdem daran, dass man in den vergangenen 25 Jahren einige Anstöße in Sachen Verkehr gegeben habe, eben weil es nicht optimal in der Innenstadt läuft. Die Stadt sei Kurort, Gäste suchten Ruhe, zudem werde auf den Messen gerade der Fahrradtourismus in Bad Wörishofen stark nachgefragt. Selbst der Landrat lobe und unterstütze den Ausbau der Radwege im Unterallgäu. Man habe sich für das Konzept von Experten beraten lassen, sei aber immer bereit für Veränderungen. Rapp nannte die Tempo-10-Regelungen in der Hauptstraße, die Stopp-Stellen an der Obstinsel, die Radler in der Fußgängerzone vor dem Kurhaus und die Viktoriastraße als Baustelle. Rapp ging auch auf die Demonstrationen ein, die sehr wohl demokratisch seien. Es stelle sich aber die Frage, ob sich politisch Verantwortliche in einer Demokratie „den Wünschen der lautesten Rufer“beugen sollten. Dafür gab es lautstarke Zwischenrufe aus dem Publikum. Rapp sagte auch, demokratisch sei es, Dinge zu korrigieren, wenn sie nicht optimal für die Gesellschaft sind. Dazu sei man bereit.
Dass man auch innerhalb der CSU uneins über das Konzept ist, zeigte der Widerstand von Ilse Erhard, die den Antrag des Bürgermeisters auf Abschaffung unterstützte.
Bereit für Veränderungen zeigten sich auch die Grünen. Fraktionssprecherin Doris Hofer machte allerdings klar, dass eine Absetzung nicht in Frage kommt. Man sei von der Notwendigkeit des Konzepts überzeugt. Bad Wörishofen sei seit 2013 um rund 2000 Einwohner gewachsen. „Das heißt auch: mehr Verkehr“. Bei der Gästebefragung hätten die Teilnehmer zur Frage, was ihnen in Bad Wörishofen nicht gefallen hat, vor allem den Verkehr genannt.
Bei der Umsetzung des Konzepts durch die Stadt habe es aber Probleme gegeben, der Unmut der Bürger sei verständlich. „Ich kann nicht glauben, dass die Verwaltung da ihr Bestes gegeben hat; ich will aber auch nicht glauben, dass sie es nicht gegeben hat“, fasste Hofer zusammen. Es müsse nachgebessert werden, aber es sei möglich, dass das Konzept funktioniert. Ein Fahrradstraßennetz durch Bad Wörishofen könne in der Werbung hilfreich sein. Zu Gruschka sagte Hofer, persönlich würde sie sich einen Bürgermeister wünschen, der sich als Bürgermeister aller Bürger fühlt, ausgleichend handelt und Kompromisse findet. SPD-Fraktionssprecher Stefan Ibel erinnerte daran, dass man vor dem Verkehrskonzept Probleme mit „rechtswidrigen Zuständen und Rechtsunsicherheiten“in der Innenstadt hatte. „Wir haben das Konzept ja nicht gemacht, um die Leute zu ärgern“, stellte Ibel fest und erntete Zwischenrufe von Gegnern. „Der Verkehr in der Innenstadt ist uns über den Kopf gewachsen, Fußgänger und Radler sind nicht mehr geschützt“, fasste Ibel die Lage zusammen. Zu Gruschka sagte er: „Ausgerechnet Sie werden doch nicht dafür plädieren, dass es wieder Rechtsunsicherheit gibt.“Im Gegensatz zu Gruschkas Darstellung sei das Verkehrskonzept auch nicht in Stein gemeißelt. „Es gibt keine Automatismen, der Stadtrat kann Beschlüsse jederzeit zurücknehmen“, sagte Ibel zu der Tatsache, dass lediglich die Situation an der Rössle-Kreuzung, die teilweise Bahnhofsstraßen-Sperrung sowie die Änderung der Verkehrsführung an der Pescatore-Kreuzung tatsächlich bis zum 30. Juni 2017 zur Probe beschlossen wurde. Daran hatte Gruschka erinnert. „Das haben damals auch Stadträte nicht richtig verstanden“, sagte Gruschka. Klappe die Rössle-Lösung nicht, komme es dem Beschluss zur Folge zur Teilsperrung der Kreuzung, so Gruschka. „Ich will, dass der Verkehr in Bad Wörishofen reibungslos läuft“, sagte der Bürgermeister. Tempo 30 im Stadtgebiet wäre da nützlich. Al win Götzfried (FW) gab allerdings zu Bedenken, dass man dann auch wieder Bordsteine in der Hauptstraße bauen müsste, um Rechtssicherheit herzustellen.
Das sieht auch Daniel Pflügl (Grüne) so, wie der unserer Zeitung sagte. „Angesichts der dann nötigen Umbaukosten erscheinen sogar die 190000 Euro für blaue Linien wieder günstiger“, so Pflügl. FWFraktionssprecher Wolfgang Hützler riet in der Sitzung dazu, die „Sache so offen wie möglich zu gestalten.“Es sei versäumt worden, alle Verkehrsteilnehmer gleichrangig zu behandeln. Seine Lösung: Schwerlastverkehr raus, Tempo 30 flächendeckend, so viele Schilder wie möglich abbauen. Wie es nun tatsächlich gemacht wird, entscheidet sich bei der Klausur.