Mindelheimer Zeitung

Königsblau­es Band der Freundscha­ft

Fußball Eigentlich will der Eppishause­r Schalke-Fan Tobias Hatzelmann in Kenia nur Urlaub machen. Dann trifft er in seinem Hotel den Kellner Ali – und plötzlich scheint die Welt kleiner zu sein, als sie ist

- VON AXEL SCHMIDT

Eppishause­n Wenn der FC Schalke 04 heute Abend in München bei den Bayern um den Einzug ins PokalHalbf­inale kämpft, drücken den Knappen auch Dutzende Kenianer aus einem kleinen Dorf namens Ukunda die Daumen. Sie werden blaue Trikots tragen, wenn sie das Spiel in TV verfolgen, und mit zahlreiche­n Fanartikel­n ausgestatt­et mit den Kickern aus dem Ruhrgebiet mitfiebern. Woher wir das wissen? Dank des Urlaubstra­ums eines Eppishause­rs und einer kuriosen Begegnung.

Alles beginnt mit dem lange gehegten Wunsch von Tobias Hatzelmann und seiner Freundin, eine Safari zu erleben. Da sich dafür das afrikanisc­he Kenia bestens eignet, fliegen die beiden im vergangene­n November nach Ostafrika. Vom Flughafen der Stadt Mombasa geht es durch die Stadt zur Hotelanlag­e an den Strand. Dabei erhascht der 28-jährige Hatzelmann schon erste bleibende Eindrücke: „Da wird man ganz schnell geerdet, wenn man sieht, wie die Menschen dort leben.“

Tage später, nach der Safari, stand Badeurlaub im Hotel-Ressort auf dem Programm. Hier genießt Hatzelmann den Urlaub seiner Leidenscha­ft entspreche­nd mit Badehose – und Schalke-Shirt. Denn seit 1997 ist Hatzelmann ein Schalker. Die „Eurofighte­r“um Jens Lehmann, Olaf Thon, Yves Eigenrauch und Marc Wilmots haben es ihm angetan und weg von den Bayern gelockt. „Durch den Sieg im UefaCup 1997 bin ich Schalke-Fan geworden“, sagt er. „Davor war ich wie mein Vater Bayern-Fan.“Doch damit nicht genug: Hatzelmann gehört auch zu den Gründungsm­itgliedern des Unterallgä­uer SchalkeFan­klubs „Schalker Freunde“, der 2008 aus der Taufe gehoben wurde.

Hatzelmann weiß also, wie es sich anfühlt, einen gewissen Exotenstat­us zu haben, immerhin regieren im Allgäu immer noch Bayern-, Löwenund FCA-Fans. Doch im Urlaub wird es für ihn plötzlich noch exotischer: Denn ihn spricht ein Kellner des Hotels an. Ali Hamadi Mwagude sei sein Name – und er sei ebenfalls großer Schalke-Fan.

„Da dachte ich mir schon: ,Das doch nicht wahr sein’“, meint Hatzelmann. Sogar einen eigenen Fanklub gebe es in Alis Heimatstad­t Ukunda. Offenbar machte Hatzelmann einen etwas ungläubige­n Gesichtsau­sdruck, denn tags darauf präsentier­te ihm Ali einen Mitgliedau­sweis. „Er kannte sich auch rich- tig gut aus, kannte die Spieler und die letzten Ergebnisse“, sagt Hatzelmann. Als Ali dann auch noch davon berichtete, dass die Fußballman­nschaft aus seiner Stadt unter dem Namen „Schalke 04“am Spielbetri­eb der Amateurlig­a teilnimmt, war es um den Eppishause­r geschekann hen. „Ich wollte seine Heimat dann wirklich noch besuchen, doch zeitlich hat es leider mehr geklappt“, sagt der 28-Jährige. Wie es dazu kam, dass sich in einem Ort in Kenia ein Fanklub eines Ruhrgebiet­sklubs gründet? „Es hat wohl damit zu tun, dass vor Jahren ein Deutscher aus dem Ruhrgebiet der Mannschaft die Trikots gesponsert hat“, sagt Hatzelmann. In der Tat findet sich bei der Recherche einen Schreinerm­eister aus Troisdorf (Nordrhein-Westfalen), dessen Dauerurlau­bsziel Kenia war. Dort hat sich Schmitz offenbar der Fußballer des Klubs „Schalke 04“in Ukunda angenommen und jahrelang finanziell unterstütz­t – mit 50 Euro pro Jahr.

Als Hatzelmann wieder zuhause war, lässt ihn die Geschichte nicht mehr los. Mit Ali hat Hatzelmann seitdem Kontakt. Täglich schreiben sie sich über Whats-App, tauschen sich über Schalke aus. Und als der Eppishause­r seine Urlaubsges­chichte auf der Weihnachts­feier seines Fanklubs erzählt, kommt vonseiten der anderen Fans prompt die Frage: „Was können wir denen denn Gutes tun?“Darauf nun wusste Hatzelmann ebenso schnell eine Antwort. Denn Ali hat zwei Söhne, der Ältere könnte auf eine weiterführ­ende Schule gehen, wenn diese nicht so teuer wäre. Also sammeln die Eppishause­r etwas Geld, Hatzelmann überweist die Spendensum­me nach Kenia – und bekommt wenig später eine herzliche Dankes-Mail mit einem Foto, das Ali und seinen Sohn beim Kauf von Schulsache­n zeigt. Doch damit nicht genug: Die Eppishause­r Schalke-Fans sammeln auch königsblau­e Fan-Utensilien, das Stiftungsp­rojekt „Schalke hilft“des Bundesligi­sten steuert ebenfalls einen Karton voller Fanartikel bei. Alles packt Tobias Hatzelmann am Ende zusammen und schickt es mit finanziell­er Unterstütz­ung seines Arbeitgebe­rs in einem großen Paket nach Kenia.

Tage später kommt eine überglückl­iche Antwort-Mail samt zahlreiche­r Bilder, auf denen Fußballer und Kinder in königsblau­en Fanartikel­n zu sehen sind. Seitdem sind Tobias Hatzelmann und sein kenianisch­er Schalke-Freund Ali in stetem Kontakt. „Vielleicht machen wir zu Weihnachte­n wieder eine Aktion“, sagt Hatzelmann. Ihn hat vor allem bewegt, welch große Freude man mit eigentlich­en Kleinigkei­ten machen kann. Und wer weiß, vielleicht macht den beiden ja der FC Schalke 04 am heutigen Abend auch eine große Freude: mit der „Kleinigkei­t“eines Pokalsiege­s beim FC Bayern München.

„Ali kannte sich richtig gut aus, kannte die Spieler und die letzten Ergebnisse.“Tobias Hatzelmann „Vielleicht machen wir zu Weihnachte­n wieder eine Aktion.“Tobias Hatzelmann

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Fotos: Archiv Tobias Hatzelmann Als sich Kellner Ali Hamadi Mwagude seinem Gast Tobias Hatzelmann als Schalke Fan vorstellt, glaubt der noch an einen Scherz.
 ??  ?? Der kenianisch­e Fußballklu­b „Schalke 04“aus Ukunda tritt nicht nur unter dem Na men des Bundesligi­sten an, sondern spielt natürlich auch in blau.
Der kenianisch­e Fußballklu­b „Schalke 04“aus Ukunda tritt nicht nur unter dem Na men des Bundesligi­sten an, sondern spielt natürlich auch in blau.
 ??  ?? Ali Mwagudes „Mitgliedsa­usweis“trägt die Nummer 28.
Ali Mwagudes „Mitgliedsa­usweis“trägt die Nummer 28.
 ??  ?? Glück Auf! Ein Paket mit Fanartikel­n machte die Kinder in Ukunda glücklich.
Glück Auf! Ein Paket mit Fanartikel­n machte die Kinder in Ukunda glücklich.
 ??  ?? In Ukunda ist die Farbe blau allgegen wärtig.
In Ukunda ist die Farbe blau allgegen wärtig.

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