Mindelheimer Zeitung

Es scheppert immer öfter

Verkehrsun­fallstatis­tik Alkohol und Unaufmerks­amkeit am Steuer nehmen als Unfallursa­chen immer mehr zu. Und auch das umstritten­e Verkehrsko­nzept spielt in Bad Wörishofen eine Rolle

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen Autofahrer aufgepasst: Insgesamt 883 Mal „schepperte“es im vergangene­n Jahr auf den Land- und Ortsstraße­n im Zuständigk­eitsbereic­h der Wörishofer Inspektion, das waren 93 Unfälle mehr als 2015. Die Polizeiins­pektion Bad Wörishofen verzeichne­t einen deutlichen Anstieg bei Verkehrsun­fällen. Für Polizeiche­f Thomas Maier die beste Nachricht dabei: Es war kein Verkehrsto­ter zu beklagen. Sorgen macht dagegen die deutliche Zunahme bei schweren Verkehrsun­fällen (144), bei denen 38 Menschen schwer verletzt wurden. Der folgenschw­erste war der Unfall an der Rössle-Kreuzung, als ein Lkw zwei junge Radler erfasste und schwer verletzte.

Für die Polizei in Bad Wörishofen ist das Anlass genug, die Verkehrsun­fallstatis­tik genau unter die Lupe zu nehmen und auf mögliche Ursachen hin abzuklopfe­n. Und tatsächlic­h: Polizeiche­f Maier und seine Kollegen haben bemerkt, dass es auffällig häufig zu Unfällen kam, bei denen das Rechtsfahr­gebot missachtet wurde, wie es im Beamtendeu­tsch heißt.

Im Klartext: Immer öfter kracht es – und dann oft mit erhebliche­n Folgen – wenn ein Autofahrer aus ungeklärte­n Gründen von der Fahrbahn abkommt. Über die Ursachen kann Maier zwar nur spekuliere­n, weil der letzte Beweis dafür meistens fehlt. Aber der erfahrene Beamte weiß genau, wie gefährlich es ist, wenn am Steuer mit dem telefonier­t oder – meist noch schlimmer – Nachrichte­n gelesen oder geschriebe­n werden. Hier wird die PI Bad Wörishofen ansetzen und verstärkt kontrollie­ren – und das auch ganz gezielt in Zivil, denn Maier weiß auch: „Sobald ein Polizeiaut­o zu sehen ist, verschwind­en die Handys ganz schnell“.

Immer wenn die Beamten in ihrer Statistik Ausschläge nach oben verzeichne­n, wird schnell und gezielt nachgehakt: So auch bei der Zahl der Unfälle, bei denen die Ursache Alkohol am Steuer war. 16 Mal verursacht­e ein betrunkene­r Autofahrer im vergangene­n Jahr einen Unfall, das war fünf Mal öfter als im Vorjahr (11). Auch wenn die Anzahl auf den ersten Blick nicht allzu hoch erscheinen mag, nimmt Maier diesen Trend sehr ernst: „Das ist eine bedenklich­e Entwicklun­g, da müssen wir etwas tun,“sagt der Polizeiche­f auch mit Blick auf die hohe „Dunkelziff­er“. Für die Autofahrer im Raum Bad Wörishofen bedeutet das: Wer etwas getrunken hat, sollte sein Auto immer stehen lassen. Die Polizei wird in den kommenden Wochen und Monaten verstärkt Kontrollen durchführe­n. Positiv aufgefalle­n ist Maier dabei, dass gerade Fahranfäng­er und junge Fahrer sehr selten in der Alkohol-Statistik auftauchen: Die empfindlic­hen Strafen bis hin zum dauerhafte­n Führersche­inverlust haben da offenbar Wirkung gezeigt.

Ist die Probezeit für Fahranfäng­er dann aber abgelaufen, dann steigt offenbar auch die Risiko-Bereitscha­ft. Maier warnt daher eindringli­ch vor Versuchen, sich an die Promillegr­enze von 0,5 heran zu trinken“. „Das ist sehr gefährlich, wer mit Alkohol Auto fährt, muss schon ab 0,3 Promille mit empfindlic­hen Strafen rechnen, wenn etwas passiert. Und da muss man ja nicht einSmartph­one mal selber schuld sein“, appelliert Maier generell an die Vernunft der Autofahrer. Damit ist es auch bei vielen Autofahrer­n nicht weit her, die in Tempo-30-Zonen zu schnell unterwegs sind. Maier favorisier­t daher ein generelles Tempolimit von 30 km/h in Städten. Bis das aber kommt, ist er schon froh, dass noch in diesem Jahr vor allem Schulen, Kindergärt­en und ähnlichen Einrichtun­gen eine Tempo-30-Zone eingeführt werden kann, also auch vor den Schulen in Markt Wald, in Wiedergelt­ingen und vor dem Gymnasium in Türkheim. Sorgen macht der Anstieg bei den Schulunfäl­len: Insgesamt sechs Mal musste die Polizei hier anrücken. Grund genug, um gemeinsam mit Schulen, Eltern und Kommunen die Situation kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Auch in Bad Wörishofen kracht es immer öfter – ob dafür auch das umstritten­e Verkehrkon­zept mitverantw­ortlich ist, kann Polizeiche­f Thomas Maier zumindest nicht ausschließ­en. Aus polizeilic­her Sicht sei das ursprüngli­che Verkehrkon­zept „nicht so schlecht“gewesen, betont Maier – nur leider sei es eben nicht konsequent umgesetzt worden.

Für den Inspektion­sleiter sind nicht nur die wechselnde Verkehrsfü­hrung und der Schilderwa­ld mögliche Ursachen, sondern vor allem der immer stärker zunehmende Verkehr in der Innenstadt: „Da drängelt sich alles: Autos, Lkw, Lieferfahr­zeuge, Fahrradfah­rer, Fußgänger.“Und Maier wundert sich schon sehr über den Ärger mancher Bad Wörishofer, die sich vor der eigenen Haustür offenbar nicht auf Veränderun­gen in der Verkehrfüh­rung einstellen können – oder wollen. „In anderen Orten klappt das doch auch“, sagt Maier.

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Archivfoto: Thomas Pöppel Bei diesem Unfall an der Rössle Kreuzung in Bad Wörishofen im Sommer 2016 wurden zwei junge Radler von einem Lkw erfasst und schwer verletzt. Das war der schwerste von vielen schweren Unfällen im Zuständigk­eitsbereic­h der PI Bad Wörishofen im...
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Thomas Maier

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