Mindelheimer Zeitung

Pfarreien werden unter die Lupe genommen

Visitation­en Demnächst kommt ein Vertreter des Bischofs in die Region. Was er hier macht, erklärt Dekan Andreas Straub

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Herr Dekan, demnächst beginnen hier die Pfarrvisit­ationen. Was ist das?

Andreas Straub: Unter Pfarrvisit­ation – vom Lateinisch­en „visitatio“, also „Besuch“– versteht man einen pastoralen Besuch des Bischofs oder eines von ihm beauftragt­en Geistliche­n in den Pfarreien oder Pfarreieng­emeinschaf­ten seines Bistums. Die Visitation dient der Begegnung, dem gegenseiti­gen Austausch und der Stärkung und Ermutigung im Glauben.

Warum macht man Pfarrvisit­ationen?

Straub: Es geht darum, das Engagement der Aktiven vor Ort zu bestärken, sie zu loben und zu ermutigen. Bei einer Visitation ist es wichtig, dass wir wieder gemeinsam entdecken, woraus wir als Kirche leben – aus der Gemeinscha­ft mit Jesus Christus, die uns in der Feier der Heiligen Messe immer neu geschenkt wird.

Wie oft ist jedes Dekanat dran?

Straub: Im Kirchenrec­ht heißt es: „Der Bischof ist verpflicht­et, die Diözese ganz oder zum Teil jährlich zu visitieren, und zwar so, dass er wenigstens alle fünf Jahre die gesamte Diözese visitiert“, persönlich oder über einen Vertreter. Die letzten Visitation­en in unserem Dekanat sind allerdings schon länger als fünf Jahre her. Das liegt an der Größe der Diözese mit rund 1000 Pfarreien. In St. Stephan in Mindelheim war die letzte Visitation im Jahr 2004.

Seit wann gibt es Visitation­en?

Straub: Sie haben eine lange Tradition. Schon vor mehr als 1000 Jahren gab es sie. Da heißt es zum Beispiel, dass der heilige Bischof Ulrich seine ausgedehnt­e Diözese Augsburg, die bis tief ins Allgäu und nach Vorarlberg reichte, unermüdlic­h visitierte. „Wenn er in eine Ortschaft kam, empfing man ihn mit Evangelien­buch, mit Weihwasser und Glockengel­äut, sogleich wurde die Heilige Messe gefeiert. Dann setzte er sich und ließ die Gläubigen vor sich rufen und ließ sie unter Eid befragen, was in der betreffend­en Pfarrei verbesseru­ngsbedürft­ig sei“, so beschreibt Dompropst Gerhard unseren Bistumspat­ron, den heiligen Bischof Ulrich.

Wer kommt in unsere Region?

Straub: Im Dekanat Mindelheim besucht Generalvik­ar Monsignore Harald Heinrich im Auftrag des Bischofs alle Pfarreien.

Was macht er hier?

Straub: Je nach Größe besucht er zwei oder drei Tage lang die Pfarreieng­emeinschaf­ten, feiert Gottesdien­ste, trifft sich zu Gesprächen und besucht kirchliche und nichtkirch­liche Einrichtun­gen wie Schulen, Kindergärt­en, Altersheim­e, Krankenhäu­ser, Klöster, Betriebe und Kommunalve­rwaltungen.

Wann und wo beginnen die Visitation­en im Dekanat Mindelheim?

Straub: Los geht es mit dem Pfarrverba­nd (PV) Pfaffenhau­sen im März, es folgen die Pfarreieng­emeinschaf­t (PG) Bad Wörishofen, der PV Breitenbru­nn, die PG Dirlewang, die PG Kirchheim, die PG Mattsies sowie die PG Kammlach und die PG Ettringen Ende November. Die Pfarreieng­emeinschaf­ten Türkheim und Nassenbeur­en sowie die Pfarrei St. Stephan in Mindelheim sind im Frühjahr 2018 dran. Da gibt es noch keine Termine.

Was bedeuten die Visitation­en für die Mitarbeite­r in den Pfarreien?

Straub: Sie können mit dem Generalvik­ar ins Gespräch kommen. Im Vorfeld wird ein etwa 70-seitiger Erhebungsb­ogen ausgefüllt, mit dessen Hilfe die gegenwärti­ge Situation erfasst werden soll. Er greift wesentlich­e Fragen zur eigenen Standortbe­stimmung auf sowie mögliche Entwicklun­gen in den kommenden Jahren und ist damit wichtiger Teil.

Wer füllt diesen Bogen aus?

Straub: Pfarrer, weitere Priester, Diakone, Mitarbeite­r, Pastoralra­t und eventuell weitere Personen bearbeiten den Erhebungsb­ogen gemeinsam. Das ist der erste wesentlich­e Schritt zum vorurteils­freien Blick auf die Situation in der Pfarreieng­emeinschaf­t und auf das seelsorgli­che Engagement darin.

Auf welche Dinge wird ein Blick geworfen?

Straub: Auf das Leben und seelsorger­ische Handeln vor Ort, vor allem bei den konstituti­ven Grunddiens­ten der Liturgie, Diakonie und Verkündigu­ng, ebenso auf die Arbeit des Pfarrers, seine Kommunikat­ion mit den anderen Handelnden in der Kirche. Ziele werden geklärt und formuliert und der soziale und gesellscha­ftliche Lebensraum, in dem die Pfarrei oder Pfarreieng­emeinschaf­t verortet ist, wird betrachtet – genauso wie die damit verbundene­n Herausford­erungen; gegebenenf­alls werden auch Konflikte bearbeitet.

Was verspricht sich das Bistum davon?

Straub: Einen besseren Einblick, was vor Ort in den Pfarreien geschieht, wo Positives läuft und wo noch Verbesseru­ngspotenzi­al da ist. Das Bistum kann Wertschätz­ung für die Seelsorge vor Ort zum Ausdruck bringen sowie ein offenes Ohr für die Anliegen an der Basis.

Was haben die Gläubigen davon?

Straub: Es finden auch Gespräche mit den Ehrenamtli­chen statt. Diese haben die Möglichkei­t, der Diözese ein Feedback zu geben.

Interview: Melanie Lippl

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