Mindelheimer Zeitung

An der elektronis­chen Leine

Justiz Die CSU will Terrorverd­ächtige überwachen lassen. Schon jetzt kann der Staat Straftäter im Auge behalten

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Mindelheim Die Staatsregi­erung will im Kampf gegen den Terror einen neuen Weg beschreite­n. Frauen und Männer, die die Sicherheit­sbehörden als mögliche Terroriste­n einstufen, sollen eine elektronis­che Fußfessel tragen müssen. So soll die Polizei über Bewegungsp­rofile immer wissen, wo sich ein solcher Gefährder gerade aufhält. Die elektronis­che Fußfessel wird bisher nur bei verurteilt­en Straftäter­n eingesetzt. Wir haben nachgefrag­t, wie die Lage in der Region aussieht.

Der Sprecher der Memminger Staatsanwa­ltschaft Dr. Christoph Ebert sagt, im Zuständigk­eitsbereic­h seiner Behörde gebe es derzeit keinen Straftäter, der per elektronis­cher Fußfessel überwacht wird. Dieses Instrument wird auch nur sehr selten angewendet. Nach

wurde ein Straftäter im Allgäu auf diese Weise überwacht. Der Mann sitzt inzwischen allerdings wieder ein.

Seit 1. Januar 2011 können in Deutschlan­d besonders gefährlich­e, aus der Haft entlassene Straftäter im Rahmen der Führungsau­fsicht durch eine Weisung nach § 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 12 Strafgeset­zbuch einer elektronis­chen Aufenthalt­süberwachu­ng (EAÜ) mittels sogenannte­r „elektronis­cher Fußfessel“unterstell­t werden, teilt das Bayerische Staatsmini­sterium der Justiz auf Anfrage mit. Nach geltendem Recht ist Voraussetz­ung für die Anordnung der EAÜ für Haftentlas­sene, dass sie wegen einer schweren Straftat aus einem abschließe­nden Straftaten­katalog zu einer Freiheitss­trafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sind und diese vollständi­g verbüßt haben. Der genannte Straftaten­katalog umfasst insbesonde­re schwere Sexual- und Gewaltstra­ftaten.

Die EAÜ kommt in erster Linie zur Überwachun­g von sogenannte­n Ge- und Verbotszon­enweisunge­n zum Einsatz, durch die dem Straftäter aufgegeben wird, etwa das Stadtgebie­t seines Wohnsitzes nicht ohne Genehmigun­g zu verlassen oder sich nicht an bestimmten Orten (zum Beispiel Kinderspie­lplätze, wenn die überwachte Person wegen Kindesmiss­brauch verurteilt wurde) aufzuhalte­n, die ihm Gelegenhei­t oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können. Daneben können die aufgezeich­neten Standortda­ten von der Polizei genutzt werden, um weitere schwere Straftaten zu verhindern, etwa bei Gefahr für Leib, Leben und die sexuelle Selbstbest­immung oder die persönlich­e Freiheit. Unter bestimmten Voraussetz­ungen können die Daten auch zur Strafverfo­lgung verwendet werden, insbesonde­re sofern gegen den Verurteilt­en der Verdacht einer neuen schweren Straftat besteht. Das EAÜ-Gerät, also die sogenannte „elektronis­che Fußfessel“, ist mit einem Sender mit GPS-Technik ausgestatt­et. Die durch die Überwachun­g gewonnenen Daten werden von der „Hessischen Zentrale für Datenverar­beitung“(HZD) in Hünfeld gespeicher­t. Die HZD ist auch für den gesamten technische­n Support zuständig. In dieser Firma laufen also sämtliche Daten aller Straftäter ein, die mit elektronis­cher Fußfessel überwacht werden. Die Auswertung von Erkenntnis­sen aus der Aufenthalt­süberwachu­ng erfolgt primär durch die „Gemeinsame elektronis­chen Überwachun­gsstelle der Länder (GÜL)“in Bad Vilbel. Die GÜL hat die vom System automatisc­h generierte­n und von der HZD weitergele­iteten Ereignisme­ldungen, also zum Beispiel Ge- oder Verbotszon­enverletzu­ngen, technische Störungen oder Manipulati­onen, rund um die Uhr nach den Vorgaben der bayerische­n Führungsau­fsichtsste­llen daraufhin zu filtern, ob möglicherw­eise eine Reaktion der Polizei und daher deren sofortige Unterricht­ung veranlasst ist sowie ob, gegebenenf­alls wann und welche Stellen der Justiz (Führungsau­fsichtsste­lle, Bewährungs­hilfe) informiert werden sollen. Die Möglichkei­t der EAÜ wird von den bayerische­n Gerichten gut angenommen. Aktuell gibt es in Bayern 20 Straftäter, die in Freiheit mit der Fußfessel überwacht werden. Wo sich diese Straftäter aufhalten, dazu machte das Ministeriu­m keine Angaben. Eine Bekanntgab­e könne die Resozialis­ierung erschweren.

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Foto: dpa Gerade in aller Munde, aber nur an wenigen Beinen: die elektronis­che Fuß fessel.

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