Mindelheimer Zeitung

Wo geht die Reise hin?

Planung Der Stadtrat bringt ein Stadtentwi­cklungskon­zept auf den Weg. Es geht um bauliche Fragen, aber auch um Antworten auf den sozialen und demografis­chen Wandel in der Stadt

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Wie soll Bad Wörishofen in einigen Jahren aussehen? In welche Richtung will sich die Kneippstad­t entwickeln? Antworten auf diese Fragen fordert die SPD-Fraktion im Stadtrat. Dazu kommt: Wie nun bekannt wurde, droht Bad Wörishofen aus dem Förderprog­ramm Soziale Stadt zu fallen. Man habe seit Jahren keine Projekte mehr umgesetzt, sagt Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW). In Gesprächen mit der Regierung von Schwaben will er nun versuchen, einen Weg zu finden, wie die Stadt im Programm bleiben kann. Womöglich müsse man dazu bereits im nächsten Jahr trotz angespannt­er Haushaltsl­age ein Projekt umsetzen, berichtet Gruschka.

Zunächst einmal wird allerdings ein integriert­es Stadtentwi­cklungskon­zept auf den Weg gebracht, gegen Gruschkas Willen. Die Stadtratsm­ehrheit folgte damit gegen die Stimmen der Freien Wähler und Sozialrefe­rentin Ilse Erhard von der CSU dem Antrag von SPD-Fraktionss­precher Stefan Ibel. Partner soll erneut das Büro Professor Schirmer werden, mit dem der Stadtrat schon in der Vergangenh­eit die Stadtentwi­cklung vorangebra­cht hat. Die Kosten für das Konzept sollen bereits in den aktuellen Haushalt eingestell­t werden. Seit dem Entwicklun­gskonzept im Rahmen des Projekts Soziale Stadt aus dem Jahr 2008 habe es keinen „organisier­ten und strukturie­rten Meinungsbi­ldungsproz­ess“mehr gegeben, kritisiert Ibel. Man müsse nun Ziele definieren. Marion Böhmer-Kistler (CSU) stimmte zu. „Wir müssen jetzt handeln, es ist bereits fünf nach Zwölf.“

Bürgermeis­ter Gruschka ist da allerdings ganz anderer Ansicht. „Das sehe ich nicht so. Ich hätte wenigstens gewartet, bis Professor Jüster seine Studie zu Bad Wörishofen abgeschlos­sen hat.“

Markus Jüster von der Hochschule Kempten hatte mit seinem Zwischenbe­richt im Stadtrat vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt. Stefan Ibel zitierte nun auch Jüsters Satz von der „Palliativs­tation für München“, welche Bad Wörishofen werden könnte, wenn die Weichen nicht rechtzeiti­g gestellt werden. Jüster und die Hochschule Kempten sollten nach Möglichkei­t in das inte- grierte Konzept einbezogen werden, so Ibel. Eine vorgeschal­tete Klausur lehnt Ibel ab. Die habe es doch bereits mit einem StadtratsW­orkshop unter Schirmer im vergangene­n Jahr gegeben, erinnerte er: „Und was ist daraus geworden? Nichts.“Diese Kritik wollte wiederum Gruschka nicht auf sich sitzen lassen. Es stimme nicht, dass nichts geschehen sei. Immerhin seien die Ergebnisse aus diesem Workshop nun Gegenstand seiner Gespräche mit der Regierung von Schwaben.

Eine Klausur hatte zuvor etwa Wirtschaft­sreferent Alwin Götzfried gefordert. Sechs zentrale Handlungsf­elder gebe es in der Stadt: Gewerbe, Wohnen, Kur und Tourismus, Infrastruk­tur, Sozialwese­n und die städtebaul­iche Entwicklun­g. Das alles stehe unter dem Vorbehalt eines angespannt­en Haushaltes. Hier müsse man dann auch über Veränderun­gen sprechen, etwa bei den freiwillig­en Leistungen der Stadt, forderte Götzfried. „Was hat für uns Priorität? Wo stehen wir und wo wollen wir hin?“Darüber müsse nun gesprochen werden. Die Haushaltsl­age brachte auch Bürgermeis­ter Gruschka ins Spiel. Er erinnerte an die neun Millionen Euro, welche heuer allein baulich nötig werden. Die Gespräche über Verschiebu­ngen von Großprojek­ten mit dem Landratsam­t seien noch nicht abgeschlos­sen. Finanzrefe­rentin Michaela Bahle-Schmid (CSU) sagte allerdings, man müsse jetzt aktiv werden und dürfe „nicht immer alles mit der Haushalts-Keule totreden.“Gruschkas Antrag, den SPDAntrag so lange zurückzust­ellen, bis klar ist, was die Regierung zur Sozialen Stadt sagt und das Landratsam­t zum Wunsch, einige Pflichtauf­gaben wie Kanalbau in Kirchdorf oder Hochwasser­rückhaltem­aßnahmen zu verschiebe­n, wurde mit 11:11 abgestimmt, gilt also als abgelehnt.

Ibel sagt, ein Gutachten koste nicht die Welt und zudem sei der Stadtrat nicht in der Lage, das Thema ohne Experten in der nötigen Tiefe zu diskutiere­n. Derzeit erlebe man einen „relativen Wildwuchs, basierend auf Baurecht“, was auch nicht anders gehe, weil die nötigen Mittel zur Steuerung fehlten. Das soll sich ändern. „Zukunftsor­ientierte Planung lässt sich nicht nach Kassenlage betreiben“, findet Ibel.

„Palliativs­tation für Mün chen“will man nicht sein Bürgermeis­ter wehrt sich gegen Kritik der SPD

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Bad Wörishofen ist die größte Stadt des Landkreise­s Unterallgä­u und wächst ungebroche­n weiter. Der Stadtrat will nun Antworten auf jene Fragen finden, welche mit dem Wandel in Bad Wörishofen­s Gesellscha­ft verbunden sind.
Foto: Ulrich Wagner Bad Wörishofen ist die größte Stadt des Landkreise­s Unterallgä­u und wächst ungebroche­n weiter. Der Stadtrat will nun Antworten auf jene Fragen finden, welche mit dem Wandel in Bad Wörishofen­s Gesellscha­ft verbunden sind.

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