Wo geht die Reise hin?
Planung Der Stadtrat bringt ein Stadtentwicklungskonzept auf den Weg. Es geht um bauliche Fragen, aber auch um Antworten auf den sozialen und demografischen Wandel in der Stadt
Bad Wörishofen Wie soll Bad Wörishofen in einigen Jahren aussehen? In welche Richtung will sich die Kneippstadt entwickeln? Antworten auf diese Fragen fordert die SPD-Fraktion im Stadtrat. Dazu kommt: Wie nun bekannt wurde, droht Bad Wörishofen aus dem Förderprogramm Soziale Stadt zu fallen. Man habe seit Jahren keine Projekte mehr umgesetzt, sagt Bürgermeister Paul Gruschka (FW). In Gesprächen mit der Regierung von Schwaben will er nun versuchen, einen Weg zu finden, wie die Stadt im Programm bleiben kann. Womöglich müsse man dazu bereits im nächsten Jahr trotz angespannter Haushaltslage ein Projekt umsetzen, berichtet Gruschka.
Zunächst einmal wird allerdings ein integriertes Stadtentwicklungskonzept auf den Weg gebracht, gegen Gruschkas Willen. Die Stadtratsmehrheit folgte damit gegen die Stimmen der Freien Wähler und Sozialreferentin Ilse Erhard von der CSU dem Antrag von SPD-Fraktionssprecher Stefan Ibel. Partner soll erneut das Büro Professor Schirmer werden, mit dem der Stadtrat schon in der Vergangenheit die Stadtentwicklung vorangebracht hat. Die Kosten für das Konzept sollen bereits in den aktuellen Haushalt eingestellt werden. Seit dem Entwicklungskonzept im Rahmen des Projekts Soziale Stadt aus dem Jahr 2008 habe es keinen „organisierten und strukturierten Meinungsbildungsprozess“mehr gegeben, kritisiert Ibel. Man müsse nun Ziele definieren. Marion Böhmer-Kistler (CSU) stimmte zu. „Wir müssen jetzt handeln, es ist bereits fünf nach Zwölf.“
Bürgermeister Gruschka ist da allerdings ganz anderer Ansicht. „Das sehe ich nicht so. Ich hätte wenigstens gewartet, bis Professor Jüster seine Studie zu Bad Wörishofen abgeschlossen hat.“
Markus Jüster von der Hochschule Kempten hatte mit seinem Zwischenbericht im Stadtrat vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt. Stefan Ibel zitierte nun auch Jüsters Satz von der „Palliativstation für München“, welche Bad Wörishofen werden könnte, wenn die Weichen nicht rechtzeitig gestellt werden. Jüster und die Hochschule Kempten sollten nach Möglichkeit in das inte- grierte Konzept einbezogen werden, so Ibel. Eine vorgeschaltete Klausur lehnt Ibel ab. Die habe es doch bereits mit einem StadtratsWorkshop unter Schirmer im vergangenen Jahr gegeben, erinnerte er: „Und was ist daraus geworden? Nichts.“Diese Kritik wollte wiederum Gruschka nicht auf sich sitzen lassen. Es stimme nicht, dass nichts geschehen sei. Immerhin seien die Ergebnisse aus diesem Workshop nun Gegenstand seiner Gespräche mit der Regierung von Schwaben.
Eine Klausur hatte zuvor etwa Wirtschaftsreferent Alwin Götzfried gefordert. Sechs zentrale Handlungsfelder gebe es in der Stadt: Gewerbe, Wohnen, Kur und Tourismus, Infrastruktur, Sozialwesen und die städtebauliche Entwicklung. Das alles stehe unter dem Vorbehalt eines angespannten Haushaltes. Hier müsse man dann auch über Veränderungen sprechen, etwa bei den freiwilligen Leistungen der Stadt, forderte Götzfried. „Was hat für uns Priorität? Wo stehen wir und wo wollen wir hin?“Darüber müsse nun gesprochen werden. Die Haushaltslage brachte auch Bürgermeister Gruschka ins Spiel. Er erinnerte an die neun Millionen Euro, welche heuer allein baulich nötig werden. Die Gespräche über Verschiebungen von Großprojekten mit dem Landratsamt seien noch nicht abgeschlossen. Finanzreferentin Michaela Bahle-Schmid (CSU) sagte allerdings, man müsse jetzt aktiv werden und dürfe „nicht immer alles mit der Haushalts-Keule totreden.“Gruschkas Antrag, den SPDAntrag so lange zurückzustellen, bis klar ist, was die Regierung zur Sozialen Stadt sagt und das Landratsamt zum Wunsch, einige Pflichtaufgaben wie Kanalbau in Kirchdorf oder Hochwasserrückhaltemaßnahmen zu verschieben, wurde mit 11:11 abgestimmt, gilt also als abgelehnt.
Ibel sagt, ein Gutachten koste nicht die Welt und zudem sei der Stadtrat nicht in der Lage, das Thema ohne Experten in der nötigen Tiefe zu diskutieren. Derzeit erlebe man einen „relativen Wildwuchs, basierend auf Baurecht“, was auch nicht anders gehe, weil die nötigen Mittel zur Steuerung fehlten. Das soll sich ändern. „Zukunftsorientierte Planung lässt sich nicht nach Kassenlage betreiben“, findet Ibel.
„Palliativstation für Mün chen“will man nicht sein Bürgermeister wehrt sich gegen Kritik der SPD