Mal schnell ein paar neue Stühle
Eine Stadt, der es so gut geht wie Mindelheim, darf die Gunst sprudelnder Steuerquellen selbstverständlich auch dazu nutzen, ins Rathaus zu investieren, wo es notwendig ist. In mageren Jahren ist dafür kein Spielraum.
Der große Sitzungssaal soll nun für 90 000 Euro neue Stühle und Tische erhalten. Bürgermeister Stephan Winter hält die wuchtigen Möbel nicht mehr für zeitgemäß. Sie ließen den Saal nur für Sitzungen nutzen, nicht jedoch für Arbeiten der Verwaltung. Das ist wenig überzeugend. Natürlich kann ein Prüfer für ein paar Tage auch auf dem jetzigen Mobiliar ordentlich arbeiten. An der Sitzqualität der Stühle scheint es ohnehin nicht zu fehlen, wenn man die Länge mancher Debatten betrachtet.
Warum wird mit solchen Investitionen nicht offen umgegangen? Die Frage zum Beispiel, ob das Rathaus einen behindertengerechten Aufzug braucht, war richtigerweise im zuständigen Ausschuss diskutiert und beschlossen worden. Die Möbelfrage fand sich nur im Haushaltsplan.
Der Preis von 1500 Euro pro Stuhl scheint sehr großzügig. Immerhin: Die Stühle für die Bürger, die sich eine Sitzung anhören wollen, fallen dafür umso günstiger aus.
Wie mit dem zweifellos repräsentativen Saal umgegangen werden soll, bedarf einer intensiven Güterabwägung. Zweckmäßigkeit ist das eine. Umgang mit der eigenen Geschichte ist das andere. Es gibt hierzulande Stadträte, die nehmen auf historischen Stühlen aus dem Mittelalter Platz und kämen niemals auf die Idee, diese Möbel gegen Modernes einzutauschen.
Was ernsthaft diskutiert gehört, sind die Räumlichkeiten der Verwaltung. Nur wer ordentlich untergebracht ist, kann auch gute Leistungen bringen. Hier besteht ohne Zweifel Handlungsbedarf. Die Stühle im Sitzungssaal sind da eher Nebensache.