Verkauf der Sozialwohnungen bleibt ein „heißes Eisen“
Gemeinderat Hinter den Kulissen wird entschieden, an wen und zu welchem Preis die gemeindeeigenen Wohnungen verkauft werden. Kommen auch Privat-Investoren ins Spiel?
Türkheim Es ist nach wie vor das „heißeste“kommunalpolitische Eisen in Türkheim und beschäftigt Rathaus-Spitze und Gemeinderat hinter den Kulissen: der bereits beschlossene Verkauf der gemeindeeigenen Sozialwohnungen am Auenweg und in der Laternenstraße. Wie bereits mehrfach berichtet, hat sich der Marktgemeinderat in seiner letzten öffentlichen Sitzung nach eingehender Diskussion dazu durchgerungen, die 20 Wohnungen zu verkaufen.
Nicht nur durch den Gemeinderat ging bei dieser Entscheidung ein tiefer Riss – auch die Türkheimer Bevölkerung ist in dieser Frage gespalten, wie die teilweise heftigen Diskussionen an den Bürgerversammlungen in der Vorwoche in Türkheim und Irsingen zeigte (MZ
berichtete). Die Kritik am Verkauf will einfach nicht verstummen und die Verantwortlichen im Rathaus – allen voran Bürgermeister Christian Kähler und Kämmerer Claus Hiemer – mussten sich auch bei den Bürgerversammlungen den geballten Zorn einiger Wortführer anhören, die nach wie vor vehement gegen den Verkauf der Sozialwohnungen kämpfen.
Hauptargument für den Verkauf war, dass die Gemeindeverwaltung nicht über das Know-how verfüge, um die maroden Wohnungen zu verwalten und zu sanieren. Stattdessen sollten in Zukunft Profis die in die Jahre gekommenen Gebäude sanieren und vermieten, warb Bürgermeister Christian Kähler im Gemeinderat und bei den Bürgerversammlungen für den Verkauf an eine Wohnungsbaugenossenschaft. Nachdem in den vergangenen Jahren nichts unternommen worden sei, bestehe jetzt laut Bürgermeister Christian Kähler „dringender Handlungsbedarf“, um schnell eine „sozialverträgliche Lösung“zu finden.
Für Kähler steht jedenfalls fest, dass diese Aufgaben bei einer Baugenossenschaft mit der entsprechenden Erfahrung besser aufgehoben ist als bei seiner Rathausverwaltung: „Uns fehlen das wohnwirtschaftliche Know-how und das Personal“, machte Kähler im Vorfeld der Entscheidung deutlich.
Hinweise aus gut informierten Kreisen scheinen das zu bestätigen: Die Gemeinde habe angeblich offene Mietrückstände gar nicht mehr eingefordert und auch Nebenkostenabrechnungen sollen liegengeblieben sein, wollen Insider erfahren haben. Auf Anfrage der Mindelheimer Zeitung wies Bürgermeister Christian Kähler derartige Behauptungen schroff zurück: „Diese Infos sind nicht zutreffend“, so Kähler.
Wie die MZ von beteiligten Ge- meinderäten erfuhr, hat die Gemeinde auch einen unterschriftsreifen Kaufvertrag vorliegen, bei dem es sich, wie Kämmerer Hiemer schon im Gemeinderat betont hatte, um ein „attraktives Angebot“handle, weshalb er auch an die „betriebswirtschaftliche Vernunft“der Räte appelliert hatte.
Davon wollten die Wortführer der Kritiker bei der Türkheimer Bürgerversammlung jedoch gar nichts wissen: Albert Prestele ließ kein gutes Haar an dieser Idee und rechnete vor, dass die Gemeinde bei einem Verkauf unter Umständen sogar schlechter abschneidet. Dies hänge natürlich davon ab, wie hoch der zu erzielende Kaufpreis letztlich sein wird. Heinrich Attenberger wetterte bei der Bürgerversammlung im Rosen-Saal: „Die Gemeinde verkauft ihr Tafelsilber!“
Insider gehen davon aus, dass sich ein Verkauf erst ab einer Verkaufssumme von mehr als einer Million Euro wirklich rechnen würde. Unter Kennern ist für die 20 Wohnungen ein so hoher Verkaufserlös aber nicht zu erwarten, realistisch sei höchstens die Summe von rund 800 000 Euro. Eine offizielle Bestätigung war nicht zu bekommen.
Offenbar war auch der Bürgermeister davon überrascht, dass der Sturm der Entrüstung in Türkheim sich auch nach der Entscheidung des Gemeinderates für den Verkauf partout nicht legen will. An der Entscheidung solle aber grundsätzlich nicht mehr gerüttelt werden, machte Bürgermeister Kähler deutlich: Es bleibt also beim bereits beschlossenen Verkauf der Sozialwohnungen, der Beschluss des Gemeinderates soll trotz der anhaltenden Kritik umgesetzt werden.
Vermutlich in der April-Sitzung des Marktgemeinderates geht es also nicht noch einmal um die Frage, ob die 20 Wohnungen einen neuen Eigentümer bekommen werden – sondern allein darum, an wen verkauft werden soll. Und wie aus Kreisen des Gemeinderates zu hören war, ist der Verkauf an eine der beiden Wohnungsbaugenossenschaften im Landkreis noch längst nicht in trockenen Tüchern. Ein Gemeinderat sprach gestern sogar davon, dass der Verkauf jetzt „breiter angelegt“werden solle und auch Angebote von privaten Investoren eingeholt werden sollen.
Bürgermeister Kähler bestätigte auf Anfrage, dass jetzt auch private Unternehmen Angebote abgeben wollen, dies aber noch nicht getan haben. Es sei aber völlig offen, ob der Gemeinderat diese Angebote berücksichtigen wird, so Kähler, denn: „Dem Gemeinderat geht es nicht um den Kaufpreis, sondern darum, dass soziale Aspekte erfüllt werden müssen.“