Mindelheimer Zeitung

„Nein, aber“zum Verkehrsko­nzept

Innenstadt Kompromiss­vorschlag der Stadtspitz­e zur Stadtratsk­lausur. Die Hauptstraß­e könnte zur Fahrradstr­aße werden, dafür könnte es ein Comeback für Tempo 50 geben

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Wie geht es mit dem Verkehrsko­nzept weiter? Diese Frage sollte nun eine Klausur von Stadtratsm­itgliedern, Verwaltung und Vertretern der Polizei klären. Die SPD nahm an dem Treffen nicht teil. Im Mittelpunk­t stand ein erweiterte­r Vorschlag von Ordnungsam­tsleiter Jan Madsack. Bisher empfahl die Verwaltung die Aufhebung des Verkehrsko­nzepts. Nur die Vorfahrtsr­egelung an der Pescatore-Kreuzung sollte bestehen. Autofahren sollten von der Umgehungss­traße erst über die Abfahrt Süd ins Zentrum gelotst werden. Neu dazu kamen nun nach Auskunft von Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) Kompromiss­vorschläge.

Die Oststraße, die Schulstraß­e und die Eichwaldst­raße zum Freibad könnten demnach als Fahrradstr­aßen sinnvoll sein, so Gruschka. Allerdings sollten sie nicht bevorrecht­igt werden. Auf die anderen Trassen sollte man verzichten, also Kaufbeurer Straße, Bahnhofstr­aße, Luitpold-Leusser-Platz, Kathreiner­straße und Hahnenfeld­straße. Letztere sei bereits verkehrsbe­ruhigter Bereich: „Mehr Schutz geht nicht“. Keine der ausgewiese­nen oder geplanten Fahrradstr­aßen erfülle nach Untersuchu­ngen des Ordnungsam­tes die Voraussetz­ungen als Fahrradstr­aße, sagt Gruschka. Das sei der Fall, wenn der Radverkehr 40 Prozent oder mehr ausmacht oder künftig mehr als 50 Prozent ausmacht. Die selbst ernannte RadlHaupts­tadt München etwa habe „Fahrradstr­aßen nur bei einzelnen kurzen Straßenabs­chnitten eingericht­et“und auch nicht bevorrecht­igt, berichtet Gruschka. Der Grund: Nach Rechtsauff­assung des bayerische­n Innenminis­teriums müsste andernfall­s „die Tempo30-Zone in den einmündend­en Straßen vor der Querung einer bevorrecht­igten Fahrradstr­aße jedes mal aufgehoben werden“, so Gruschka. Die Beschilder­ung bei durchgängi­gen Fahrradstr­aßen habe zudem in Bad Wörishofen „zu dem Schilderwa­ld“geführt.

Die Entlastung der Innenstadt vom motorisier­ten Verkehr soll nach dem Vorschlag der Verwaltung dadurch erreicht werden, dass die von Norden kommenden Autofahrer erst an der südlichste­n Zufahrt von der Umgehungss­traße in die Innenstadt geleitet werden. „Der Verkehr verteilt sich so auf die Türkheimer Straße und die südlichste Zufahrt“, so Gruschka. Eine Sperrung der Hauptstraß­e komme dagegen „aufgrund früherer gescheiter­ter Versuche politisch wohl nicht in Betracht“, sagt der Bürgermeis­ter. „Sie könnte aber als nicht bevorrecht­igte Fahrradstr­aße ausgestalt­et werden.“Autofahrer könnten die Hauptstraß­e dann mit Tempo 30 befahren, müssten sich aber dem Fahrradver­kehr unterordne­n. Im Bereich der Rössle-Kreuzung sollte ein Fußgängerü­berweg geschaffen werden, findet Gruschka. Auf diese Weise könne man die Hauptstraß­e offen lassen, sie aber für Autofahrer unattrakti­ver machen.

Stattdesse­n sollen diese sich von einer neuen Regelung locken lassen. Von Mindelheim kommend sollen Autofahrer über die Alfred-Baumgarten-Straße, Bürgermeis­terStöckle-Straße, St.-Anna-Straße und dann über die Hochstraße nach Norden fahren, also vorbei an Kurpark, Kinderheil­stätte, Kneippianu­m, Parkhaus Kurpromena­de, Kindergart­en, Schule und dem Park am alten Hallenbad. „Wenn man diese Straßen als leistungsf­ähige und attraktive Hauptverke­hrsstraßen ausgestalt­et, könnte man sogar 50 km/h zulassen, sollte dann aber im Bereich der Schule eine Beschränku­ng auf 30 km/h vornehmen“, findet Gruschka. Zudem sollte ein Zebrastrei­fen im Bereich Hochstraße/ Oststraße installier­t werden. „Der Weg wäre länger, aber attraktive­r“, glaubt Gruschka. Diese Vorschläge der Verwaltung seien „ausgewogen“. Gruschka glaubt, dass sie auch „breite Zustimmung bei den Bürgerinne­n und Bürgern von Bad Wörishofen finden“könnten. „Der Luitpold-Leusser-Platz gehört wieder den Fußgängern und die Sperrung der Bahnhofstr­aße wird aufgehoben“, so der Plan. Für die Victoriast­raße gab es noch keine Lösung. Hier geht es um die Frage, ob die jetzige Sperrung von Norden für die Anwohner aufgehoben werden soll oder der frühere Zustand wieder hergestell­t werden soll.

Man habe auch darüber diskutiert, ob die Hauptstraß­e und andere als Einbahnstr­aßen mit oder ohne Radweg gestaltet werden sollten. „Dies bedarf noch weiterer Überlegung­en“, berichtet Gruschka. „Da zudem immer wieder behauptet wird, dass der Ausbauzust­and der Hauptstraß­e rechtswidr­ig sei“, soll dies das Landratsam­t prüfen.

Es werde eine weitere Sitzung geben. „Bis dahin ruht der weitere Ausbau des Verkehrsko­nzeptes“, sagt Gruschka. „Danach werde ich den Stadtrat bitten über das modifizier­te Konzept zu entscheide­n. Wird dieses abgelehnt, bleibt es bei den derzeitige­n Beschlüsse­n zum Verkehrsko­nzept und dieses muss dann vollständi­g umgesetzt werden.“

Stadtentwi­cklungsref­erent Daniel Pflügl (Grüne), Mitentwick­ler des Verkehrsko­nzepts, sagte in einer ersten Reaktion, es sei anerkennen­swert, dass Gruschka nun eigene Vorschläge vorgelegt habe. Tempo 50 sei allerdings eine „Maßnahme pro Verkehr“, auch eine Einbahnstr­aßenregelu­ng in der Hauptstraß­e werde für mehr Verkehr etwa auf der Fidel-Kreuzer-Straße sorgen, auf der Victoriast­raße oder dem Gärtnerweg. Gruschkas Vorschläge seien „eine völlige Abkehr“von den bisherigen Zielen des Verkehrsko­nzepts, findet Pflügl.

Er wolle diese allerdings nicht schlechtre­den, sondern als gegensätzl­iche Meinung so stehen lassen. Man werde sich nun erst einmal im Kreis der Stadtratsm­itglieder beraten und die Vorschläge bewerten.

Nun doch Einbahnstr­aßen? Es gibt viel zu besprechen

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Foto: Markus Heinrich Die Bahnhofstr­aße als Fahrradstr­aße, einige Meter weiter die Sperrung für den motorisier­ten Verkehr: Geht es nach Bürgermeis ter Paul Gruschka, gehört diese Regelung bald der Vergangenh­eit an.

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