„Nein, aber“zum Verkehrskonzept
Innenstadt Kompromissvorschlag der Stadtspitze zur Stadtratsklausur. Die Hauptstraße könnte zur Fahrradstraße werden, dafür könnte es ein Comeback für Tempo 50 geben
Bad Wörishofen Wie geht es mit dem Verkehrskonzept weiter? Diese Frage sollte nun eine Klausur von Stadtratsmitgliedern, Verwaltung und Vertretern der Polizei klären. Die SPD nahm an dem Treffen nicht teil. Im Mittelpunkt stand ein erweiterter Vorschlag von Ordnungsamtsleiter Jan Madsack. Bisher empfahl die Verwaltung die Aufhebung des Verkehrskonzepts. Nur die Vorfahrtsregelung an der Pescatore-Kreuzung sollte bestehen. Autofahren sollten von der Umgehungsstraße erst über die Abfahrt Süd ins Zentrum gelotst werden. Neu dazu kamen nun nach Auskunft von Bürgermeister Paul Gruschka (FW) Kompromissvorschläge.
Die Oststraße, die Schulstraße und die Eichwaldstraße zum Freibad könnten demnach als Fahrradstraßen sinnvoll sein, so Gruschka. Allerdings sollten sie nicht bevorrechtigt werden. Auf die anderen Trassen sollte man verzichten, also Kaufbeurer Straße, Bahnhofstraße, Luitpold-Leusser-Platz, Kathreinerstraße und Hahnenfeldstraße. Letztere sei bereits verkehrsberuhigter Bereich: „Mehr Schutz geht nicht“. Keine der ausgewiesenen oder geplanten Fahrradstraßen erfülle nach Untersuchungen des Ordnungsamtes die Voraussetzungen als Fahrradstraße, sagt Gruschka. Das sei der Fall, wenn der Radverkehr 40 Prozent oder mehr ausmacht oder künftig mehr als 50 Prozent ausmacht. Die selbst ernannte RadlHauptstadt München etwa habe „Fahrradstraßen nur bei einzelnen kurzen Straßenabschnitten eingerichtet“und auch nicht bevorrechtigt, berichtet Gruschka. Der Grund: Nach Rechtsauffassung des bayerischen Innenministeriums müsste andernfalls „die Tempo30-Zone in den einmündenden Straßen vor der Querung einer bevorrechtigten Fahrradstraße jedes mal aufgehoben werden“, so Gruschka. Die Beschilderung bei durchgängigen Fahrradstraßen habe zudem in Bad Wörishofen „zu dem Schilderwald“geführt.
Die Entlastung der Innenstadt vom motorisierten Verkehr soll nach dem Vorschlag der Verwaltung dadurch erreicht werden, dass die von Norden kommenden Autofahrer erst an der südlichsten Zufahrt von der Umgehungsstraße in die Innenstadt geleitet werden. „Der Verkehr verteilt sich so auf die Türkheimer Straße und die südlichste Zufahrt“, so Gruschka. Eine Sperrung der Hauptstraße komme dagegen „aufgrund früherer gescheiterter Versuche politisch wohl nicht in Betracht“, sagt der Bürgermeister. „Sie könnte aber als nicht bevorrechtigte Fahrradstraße ausgestaltet werden.“Autofahrer könnten die Hauptstraße dann mit Tempo 30 befahren, müssten sich aber dem Fahrradverkehr unterordnen. Im Bereich der Rössle-Kreuzung sollte ein Fußgängerüberweg geschaffen werden, findet Gruschka. Auf diese Weise könne man die Hauptstraße offen lassen, sie aber für Autofahrer unattraktiver machen.
Stattdessen sollen diese sich von einer neuen Regelung locken lassen. Von Mindelheim kommend sollen Autofahrer über die Alfred-Baumgarten-Straße, BürgermeisterStöckle-Straße, St.-Anna-Straße und dann über die Hochstraße nach Norden fahren, also vorbei an Kurpark, Kinderheilstätte, Kneippianum, Parkhaus Kurpromenade, Kindergarten, Schule und dem Park am alten Hallenbad. „Wenn man diese Straßen als leistungsfähige und attraktive Hauptverkehrsstraßen ausgestaltet, könnte man sogar 50 km/h zulassen, sollte dann aber im Bereich der Schule eine Beschränkung auf 30 km/h vornehmen“, findet Gruschka. Zudem sollte ein Zebrastreifen im Bereich Hochstraße/ Oststraße installiert werden. „Der Weg wäre länger, aber attraktiver“, glaubt Gruschka. Diese Vorschläge der Verwaltung seien „ausgewogen“. Gruschka glaubt, dass sie auch „breite Zustimmung bei den Bürgerinnen und Bürgern von Bad Wörishofen finden“könnten. „Der Luitpold-Leusser-Platz gehört wieder den Fußgängern und die Sperrung der Bahnhofstraße wird aufgehoben“, so der Plan. Für die Victoriastraße gab es noch keine Lösung. Hier geht es um die Frage, ob die jetzige Sperrung von Norden für die Anwohner aufgehoben werden soll oder der frühere Zustand wieder hergestellt werden soll.
Man habe auch darüber diskutiert, ob die Hauptstraße und andere als Einbahnstraßen mit oder ohne Radweg gestaltet werden sollten. „Dies bedarf noch weiterer Überlegungen“, berichtet Gruschka. „Da zudem immer wieder behauptet wird, dass der Ausbauzustand der Hauptstraße rechtswidrig sei“, soll dies das Landratsamt prüfen.
Es werde eine weitere Sitzung geben. „Bis dahin ruht der weitere Ausbau des Verkehrskonzeptes“, sagt Gruschka. „Danach werde ich den Stadtrat bitten über das modifizierte Konzept zu entscheiden. Wird dieses abgelehnt, bleibt es bei den derzeitigen Beschlüssen zum Verkehrskonzept und dieses muss dann vollständig umgesetzt werden.“
Stadtentwicklungsreferent Daniel Pflügl (Grüne), Mitentwickler des Verkehrskonzepts, sagte in einer ersten Reaktion, es sei anerkennenswert, dass Gruschka nun eigene Vorschläge vorgelegt habe. Tempo 50 sei allerdings eine „Maßnahme pro Verkehr“, auch eine Einbahnstraßenregelung in der Hauptstraße werde für mehr Verkehr etwa auf der Fidel-Kreuzer-Straße sorgen, auf der Victoriastraße oder dem Gärtnerweg. Gruschkas Vorschläge seien „eine völlige Abkehr“von den bisherigen Zielen des Verkehrskonzepts, findet Pflügl.
Er wolle diese allerdings nicht schlechtreden, sondern als gegensätzliche Meinung so stehen lassen. Man werde sich nun erst einmal im Kreis der Stadtratsmitglieder beraten und die Vorschläge bewerten.
Nun doch Einbahnstraßen? Es gibt viel zu besprechen