Ein folgenschwerer Arbeitsunfall
Weil er den Handlauf eines Gerüsts nur mit Kabelbindern gesichert und sich ein Spengler deshalb schwer verletzt hatte, stand ein 49-Jähriger vor dem Amtsgericht
Unterallgäu Eigentlich dient ein Gerüst dazu, sicheres Arbeiten an einer Fassade zu ermöglichen. Doch auf einer Baustelle im Unterallgäu war das Gegenteil der Fall: Ein 49-Jähriger hatte dort im vergangenen April zwei Handläufe eines Gerüsts nur provisorisch mit Kabelbindern befestigt, weil die nötigen Befestigungsschellen fehlten. Dafür musste er sich nun vor Gericht verantworten.
Denn der Mann hatte zwar seine Kollegen davor gewarnt, das Gerüst zu betreten, aber kein entsprechendes Schild angebracht. Das wurde einem Spengler zum Verhängnis, der ebenfalls auf der Baustelle tätig war: Als er sich gegen den Handlauf lehnte, stürzte er drei Meter in die Tiefe und verletzte sich erheblich. In der Anklageschrift listete die Staatsanwaltschaft einen beidseitigen Beckenbruch, eine Lungenquetschung, einen Schienbeinbruch, einen Riss im Zwerchfell und mehrere Blutergüsse auf. Der Mann lag dreieinhalb Wochen im Krankenhaus.
Wegen dieser fahrlässigen Körperverletzung hatte der Bauarbeiter, der kein gelernter Gerüstbauer ist, einen Strafbefehl erhalten, den er so jedoch nicht akzeptieren wollte. Laut seinem Verteidiger Alexander Hertsch bedaure er zwar, dass er kein Hinweisschild angebracht und sich der Spengler so schwer verletzt hat, diesen treffe jedoch ein Mitschuld. Dem Bauherren zufolge habe er auf dieser Seite des Hauses nämlich gar nichts zu tun gehabt. Die Polizei und die Baugenossenschaft vermuteten aufgrund der starken Verformung des Handlaufs außerdem, dass der Spengler auf diesen gestiegen und nur deshalb abgestürzt sei.
Das wiederum wollte dessen Anwalt als Vertreter der Nebenklage nicht gelten lassen: Sein Mandant habe ihm erzählt, dass er sehr wohl auch auf dieser Seite des Hauses gearbeitet habe und der Handlauf bereits nachgegeben habe, als er sich dagegen lehnte, um etwas aufzuschreiben. Dass die Stange so stark verbogen war, führe er darauf zurück, dass sie mit ihm zu Boden gestürzt sei.
Bevor Richter Dieter Klotz nun einen Sachverständigen und den Spengler bemühte, der nicht an der Verhandlung teilnahm, wandte er sich an den Angeklagten: Schon das nicht angebrachte Hinweisschild könne für eine Verurteilung reichen. Müsste die Verhandlung nun vertagt und ein Sachverständiger bestellt werden, könnten schnell Kosten von mindestens 10 000 Euro entstehen, die der 49-Jährige im Falle einer Verurteilung tragen müsse. Er schlug ihm deshalb vor, den Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Höhe des Tagessatzes zu beschränken – was der Bauarbeiter nach Rücksprache mit seinem Anwalt schließlich auch akzeptierte.
Er muss nun eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 20 Euro zahlen und zudem die Verfahrenskosten sowie die Auslagen der Nebenklage tragen. In seinem Schlusswort entschuldigte sich der 49-Jährige noch einmal: „Es tut mir leid, was passiert ist“, sagte er.
Der Spengler lag dreieinhalb Wochen im Krankenhaus
Der Bauarbeiter bedauert, was passiert ist