Die Zahl der Straftaten sinkt
Der Polizeichef stellt die Kriminalitätsstatistik für den Bereich Bad Wörishofen vor. Auffällig sind die Werte für die Kneippstadt und für Türkheim. Die schwerste Tat des Vorjahres war ein Mordversuch
Bad Wörishofen Sicher, am Sichersten, Unterallgäu: So, oder so ähnlich, ließe sich wohl die aktuelle Kriminalitätsstatistik für Südschwaben zusammenfassen. Der Landkreis Unterallgäu liegt hier an letzter Stelle, also eigentlich ganz vorn. Schaut man genauer hin, ergeben sich dennoch lokale Unterschiede. Bad Wörishofens Polizeichef Thomas Maier legte am Dienstag die Zahlen für seinen Zuständigkeitsbereich vor. Hier weichen vor allem die Werte von Bad Wörishofen und Türkheim ab. Für die Kneippstadt ergibt sich für das vergangene Jahr eine Häufigkeitsziffer von 4500 und damit ein Wert, der sogar über dem Durchschnitt des Polizeipräsidiums Schwaben-Südwest liegt. In Türkheim liegt dieser Wert sogar bei 4812. Diese Zahl erhält man, wenn man die Zahl der Straftaten auf 100 000 Einwohner hochrechnet. Auf diese Weise entsteht eine bundesweite Vergleichbarkeit.
Landkreisweit liegt diese Häufigkeitsziffer bei 2832, im gesamten Dienstbereich der Inspektion Bad Wörishofen bei 3545, im Mindelheimer Bereich bei 2821, auf Präsidiumsebene bei 4498, in Kaufbeuren bei 5989 und bayernweit bei 6871. Hier zeigt sich, dass Bad Wörishofen nach wie vor mit Abstand zu den sichersten Städten in ganz Deutschland gehört, denn Bayern ist in dieser Kategorie top.
Doch warum gerade in einer Kurstadt mit einer überwiegend älteren Bevölkerung die Häufigkeitszahl so abweicht, kann sich Maier nicht erklären. „Gründe sind schwer auszumachen“, sagt der erfahrene Polizist. „Man meint immer, hier geht es so ruhig ab, aber dem ist nicht so.“Gleichwohl lebe man insgesamt betrachtet in einer sehr sicheren Gegend. Fakt ist: Die absolute Zahl der Straftaten hat im Vorjahr im Dienstbereich der Inspektion Bad Wörishofen abgenommen. Sie liegt bei 1252 Fällen, weit entfernt von den fast 1500 zu Beginn der 2000er Jahre. 824 dieser Fälle wurden geklärt, was einer Aufklärungsquote von 65,8 Prozent entspricht. Das ist mehr als im Jahresvergleich, aber immer noch weniger als die durchschnittlich 70,6 Prozent im Präsidiumsbereich. Doch auch diese Zahl muss man genauer betrachten. „Wenn es in einem Dienstbereich zum Beispiel einige Supermärkte gibt, die sich Ladendetektive leisten, steigt die Aufklärungsquote schnell an“, sagt Maier. Da werde zur Tat der Täter gleich mitgelie- hieß es bei der Pressekonferenz. Dort ging es ins Detail, was die verschiedenen Arten von Straftaten angeht:
Gewaltkriminalität Die schwerwiegendste Tat des vergangenen Jahres waren die Schüsse im März in Wiedergeltingen. Die Polizei wertet das Ehedrama als Mordversuch. Der Schütze tötete sich anschließend selbst, seine Frau überlebte die Attacke. Insgesamt listet die Statistik 39 Fälle von Gewaltkriminalität auf, ein leichter Rückgang. Es handelt sich größtenteils um schwere Körperverletzungen.
Sexualdelikte Hier ist ein Anstieg von 11 auf 30 Fälle zu verzeichnen. „Das sind 30 Fälle zu viel“, unterstreicht Maier und schließt sich damit der Aussage des Polizeipräsidenten Werner Strößner zu diesem Thema an. 19 Mal geht es dabei um den sexuellen Missbrauch von Kindern in Form von pornografischen Fotos oder Nacktaufnahmen von Kindern, die über soziale Netzwerke verbreitet werden. Die Ermittlungen dauern teilweise noch an, weshalb sich Maier zum genauen Ausmaß noch bedeckt hielt. In acht Fällen geht es um Exhibitionismus, auch ein angeblicher sexueller Übergriff ist dokumentiert, ein Fall, den die Staatsanwaltschaft im ver- gangenen Jahr aber eingestellt hatte. Maier betonte, dass Flüchtlinge bei diesen Taten als Täter praktisch keine Rolle spielten. Er wolle damit dem Gerücht entgegentreten, dass die Zahl der sexuellen Übergriffe durch Zuwanderer steige. „Für unseren Bereich kann man klar sagen, dass das nicht so ist“, berichtet Maier.
Straftaten von Zuwanderern Die Zahl stieg von 50 auf 67 an, mit wenigen Ausnahmen geht es dabei um Delikte, die sich unter den Flüchtlingen in den Unterkünften ereignen, so Maier. 2015 wurde ein Sexualdelikt angezeigt, 2016 keines. Die Straßenkriminalität stieg von einem auf acht Fälle, gleiches gilt für Diebstähle. Zwei Rauschgiftdelikte wurden aktenkundig, dazu sechs Vermögensoder Fälschungsdelikte. Die Häufigkeitszahl stieg binnen Jahresfrist von 1359 auf 1890 Straftaten, hochgerechnet auf 100 000 Personen.
Rauschgiftdelikte Nach einem personellen Engpass sind die Bad Wörishofer Drogenexperten wieder voll schlagkräftig. In der Folge stieg auch die Zahl der ermittelten Vergehen von 44 auf 82 und damit wieder auf einen durchschnittlichen Wert der Vorjahre.
Einbrüche Mit 14 Fällen gibt es erfert, neut einen leichten Rückgang, kein Vergleich mehr mit den bis zu 32 Fällen zu Beginn der 2000er Jahre. „Da sind wir eine Insel“, sagt Maier mit Blick auf die Zahlen im Präsidiumsbereich. „Ich hoffe, dass das so bleibt.“Unter Maier hat die Polizei mit verstärkter Präsenz und zum Beispiel der Einrichtung einer Sicherheitswacht auf die Einbruchswellen in Südschwaben reagiert. Maier setzt auch auf die Wachsamkeit der Bürger. Bei verdächtigen Beobachtungen sollten sich die Menschen nicht scheuen, sofort die 110 anzurufen. Eine Vielzahl von Einbruchsserien werde dadurch geklärt, dass irgendwann ein Bürger den entscheidenden Hinweis gibt, sagt Maier.
Straßenkriminalität Die Fallzahl sank von 231 auf 197. Das sei nicht zuletzt auch Verdienst der Sicherheitswacht, lobt der Polizeichef.
Die Polizeiinspektion Bad Wörishofen ist zuständig für den Ostlandkreis mit etwa 35300 Bewohnern. Im vergangenen Jahr haben die Polizisten etwa 2000 Einsätze absolviert und zwischen 6000 und 7000 Vorgänge bearbeitet, berichtet Maier. „Unsere Leute sind enorm gefordert“, berichtet der Dienststellenleiter. Was ihm Sorge bereitet: „Die personellen Aussichten sehen nicht besonders rosig aus.“