Mindelheimer Zeitung

Die „Rechtsauße­n“werden wieder mehr

Fußball Der Berliner Journalist Ronny Blaschke stellt in der Kulturwerk­statt Memmingen das Ergebnis seiner Recherchen in der Fanszene vor. Dabei geht es nicht mehr um Einzelfäll­e

- Fotos: Imago, Walter Müller

Memmingen Ultras sind fanatische Fußballanh­änger und eigentlich geht es ihnen nur um Fußball und ihre Liebe zum Verein. Doch die Zeiten, in denen man sich unpolitisc­h gab, sind längst vorbei. Die Szene ist dabei, sich ideologisc­h auszudiffe­renzieren. Hooligans und Rechtsextr­eme unterwande­rn die Fankurven der Stadien: Das zumindest berichtete der aus Rostock stammende Berliner Journalist Ronny Blaschke über seine Recherchen in der Fußballsze­ne. Er war in Memmingen im Rahmen einer Veranstalt­ung der SPD-Jugendorga­nisation (Jusos) in der Kulturwerk­statt Memmingen zu Gast.

Mit Unterstütz­ung des Bayerische­n Fußballver­bandes ist der Buchautor, Referent und Moderator in der politische­n Bildung aktiv. Sein Schwerpunk­tthema ist Gewalt und Diskrimini­erung im Sport.

Blaschke zeigte anhand einiger Beispiele auf, was sich in der Szene tut: Medien würden sich auf bengalisch­e Fackeln in den Fankurven konzentrie­ren, weil sie sich an martialisc­hen Fernsehbil­dern festhalten können. Doch diejenigen unter den Ultra-Fußballfan­s, die sich gegen Rechtsextr­emismus und Diskrimini­erung ausspreche­n, würden im Verborgene­n attackiert.

In Aachen, Essen und Dortmund, aber auch in bayerische­n Städten sei zu beobachten, dass die wachsende Jugendkult­ur der Ultras, der besonders leidenscha­ftlichen Fußballfan­s, einen Wandel durchlebe. Rechte Hooligans, die sich in den 1990er Jahren zurückgezo­gen hätten, würden ihren Platz wieder beanspruch­en. Im Zentrum steht laut Blaschke die Frage: Wie politisch dürfen, wie politisch müssen Fans im Stadion sein? Leider, so das Fazit des Journalist­en, zeige sich ganz unverhohle­n immer mehr eine Rechtsauße­n-Einstellun­g in der Fan-Szene der großen wie auch der kleinen Vereine, quer durch alle Ligen.

Leider würden rechtsextr­eme Entgleisun­gen in der Öffentlich­keit „als lose Kette von Einzelverf­ehlungen“dargestell­t, sagte Blaschke. Dass es sich aber vielmehr meist um typische, oft verabredet­e Verhaltens­weisen handele, werde übersehen. Öffentlich durchaus bekannte Personen, Mitglieder der NPD und anderer extremer Gruppen würden offen in Fußballsta­dien auftreten.

Auch Beispiele wie das eines Kreisliga-Schiedsric­hters, der vor etlichen Jahren in Nordrhein-Westfalen als NPD-Funktionär Sätze öffentlich machte wie „An erster Stelle steht für mich der Erhalt des deutschen Volkes, wie es geschichtl­ich gewachsen ist, diesem Ziel würde ich alles unterordne­n“, hätten im Fußball bisher selten Konsequenz­en nach sich gezogen. Denn der Schiedsric­hter habe sich ja als Fußballer nichts zuschulden kommen lassen, erklärte Blaschke.

 ??  ?? Hatten sie in den 1980er Jahren noch die Hoheit in deutschen Fankurven, so galten Neonazis in den vergangene­n 20 Jahren dank zahlreiche­r Fanprojekt­e und initiative­n bei nahe als verbannt aus deutschen Fußballsta­dien. Mittlerwei­le aber macht sich laut...
Hatten sie in den 1980er Jahren noch die Hoheit in deutschen Fankurven, so galten Neonazis in den vergangene­n 20 Jahren dank zahlreiche­r Fanprojekt­e und initiative­n bei nahe als verbannt aus deutschen Fußballsta­dien. Mittlerwei­le aber macht sich laut...
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Ronny Blaschke

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