In Sorge um das Miteinander in der Stadt
Kirchliches Vor zehn Jahren übernahm Pfarrerin Susanne Ohr die evangelische Erlösergemeinde, die in einer Krise steckte. Mit ihr zog Kontinuität ein. Doch die Herausforderungen sind auch in Zukunft groß
Sie haben die evangelische Erlösergemeinde am 1. April vor zehn Jahren in der Krise übernommen. Was hat Sie an dieser Pfarrstelle Bad Wörishofen gereizt?
Susanne Ohr: Sie werden lachen: Es ist die Krise gewesen. Für mich ist das eine besondere Herausforderung Menschen wieder neu miteinander ins Gespräch zu bringen. Außerdem war die Kurseelsorge reizvoll, ohne dass ich mir damals so recht vorstellen konnte, wie ich sie füllen würde. Doch das änderte sich schnell in der Begegnung mit den Kurgästen. Ihre Bedürfnisse waren spürbar.
Sind Ihre Erwartungen erfüllt worden oder haben Sie Ihren Beschluss schon einmal bereut?
Ohr: Bereut habe ich meinen Beschluss wirklich noch nie. Auch wenn manches überraschend war, etwa die schlechte finanzielle Situation der Kirchengemeinde. Ich bin auch heute noch gerne hier. Ich spüre einen großen Hunger der Menschen nach Sinn und Glauben, nach Gemeinschaft oder auch nur nach jemandem, der mal hinhört. Und dafür bin ich neben der Geschäftsführung ja auch da.
Was waren für Sie die Höhepunkte in den letzten zehn Jahren?
Ohr: Da gab es so viele. Für die Kurseelsorge mit Pfarrer Gaißmayer, Christiane Maria Rapp, Schwester Irmgard und Pater Rüdiger zusammenzusitzen und zu überlegen, wie wir der fünften Säule in Bad Wörishofen mehr Gewicht geben können. Eine Kolumne in der Gästezeitung und mehr ist daraus entstanden, auch die Gesundheitstage sind es. In der Gemeinde das Miteinander vieler Ehrenamtlicher und vieler Menschen mit denen wir Projekte planten, ganz viele unterschiedlichste Gottesdienste vorbereiteten und Feste feierten. Ganz besonders deutlich wurde das bei der Landessynode 2015. Da war ich stolz auf unsere Ehrenamtlichen, wie sie das gestemmt haben und auf ihre Art, für eine besondere Atmosphäre gesorgt haben. In der Stadt Netze zu knüpfen, wie bei der f.i.t Aktion, bei der Vertreter von Vereinen, Schule, Kindergarten, Mehrgenerationenhaus miteinander gewirkt haben um Menschen, die sonst im sozialen Leben unserer Stadt am Rande stehen zu integrieren.
Gibt es Themen, die noch auf Ihrer Agenda stehen?
Ohr: Für den Bereich Geschäftsführung: die Sanierung der Kirche und das Halten der haupt- und nebenamtlichen Stellen. Für den Bereich der Gemeinde: dass wir nicht nur eine Kurgemeinde sind, sondern auch eine diakonische Gemeinde. Für die Stadt: dass die Gesundheitstage auf sichere Füße gestellt werden.
Wie steht es um die Ökumene aus Ihrer Sicht?
Ohr: Da gab es in den zehn Jahren Auf und Abs. Die traditionellen ökumenischen Gottesdienste finden immer weniger Zuspruch. Vielleicht sollten wir andere Formen der Zusammenarbeit ausprobieren. Herausforderungen und Aufgaben gibt es ja genug und viele gute Ansätze auch. Die Asylarbeit steht auf ökumenischen Füßen, ebenso die EineWelt-Arbeit. Gerade haben Pfarrer Hartmann und ich ein gemeinsames Gebet für die Stadt initiiert, das in unseren Kirchen ausliegt und in den Gottesdiensten gebetet wird. Wir selbst und auch viele Menschen in Bad Wörishofen sind in Sorge um das Miteinander in der Stadt. Fast jede und jeder ist darin auf irgendeine Weise verstrickt und viele sind ratlos, wie es weitergehen soll. Deshalb setzt das Gebet bewusst nicht bei den anderen an, sondern bei jedem selbst und in der Bitte, dass wir alle zum Werkzeug des Friedens werden.
Was wünschen Sie für sich persönlich?
Ohr: Dass es gesundheitlich weiter bergauf geht, da bin ich noch immer etwas gebremst. Und toll wäre es, wenn ich es dann schaffen würde, mit meinem Mann wieder in die Berge zu gehen.
Was wünschen Sie für die Kirchengemeinde, stehen doch viele Herausforderungen und vor allem Ausgaben an?
Ohr: Ich wünsche mir, dass unsere Kirchengemeinde als Teil unserer Stadt wahrgenommen wird, der gern auch für das Gemeinwohl Verantwortung übernimmt und sich einbringt, egal ob es um die Anliegen älterer Menschen, um das Kurangebot oder um kulturelle Veranstaltungen geht. Das wäre schön wenn das anerkannt wird.
Interview: Manfred Gittel