Mindelheimer Zeitung

Wie Bayern mehr Ärzte aufs Land bringen will

Versorgung Der Freistaat plant als erstes Bundesland eine feste Quote. Was das bedeutet und welche Meinung der Ärzteverba­nd dazu hat

- VON RUDI WAIS

Augsburg Als erstes Bundesland will Bayern den Ärztemange­l auf dem Land mit einer Quotenrege­lung bekämpfen. Nach den Worten von Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) sollen künftig bis zu fünf Prozent der Studienplä­tze für Bewerber reserviert werden, die sich verpflicht­en, anschließe­nd als Hausärzte in Regionen zu arbeiten, die unterverso­rgt sind oder in denen eine Unterverso­rgung droht. Darüber hinaus fördert das Ministeriu­m die Niederlass­ung von Ärzten im ländlichen Raum schon seit längerem mit Zuschüssen von bis zu 60 000 Euro. Voraussetz­ung: Die Mediziner eröffnen oder übernehmen Praxen in Gemeinden mit weniger als 20000 Einwohnern.

In Bayern ist jeder dritte Hausarzt älter als 60 Jahre, während sich noch immer zu wenige angehende Ärzte am Ende ihres Studiums für die Allgemeinm­edizin entscheide­n. Der Bayerische Hausärztev­erband rechnet zwar vor, dass ihr Anteil an den Absolvente­n zuletzt von zehn auf 12,5 Prozent gestiegen ist, um den Bedarf zu decken, müssten es allerdings 20 Prozent sein. Aus dem Verbreitun­gsgebiet unserer Zeitung sind die meisten Gemeinden nach Angaben der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern noch gut, teilweise sogar noch überversor­gt, erste Engpässe zeichnen sich aber im nördlichen Landkreis Donau-Ries ab.

Die geplante Quote begrüßte Verbandspr­äsident Dieter Geis beim Bayerische­n Hausärztet­ag in Unterschle­ißheim als „Lichtstrei­f am Horizont“. Angst, ein Berufslebe­n lang deutlich schlechter zu verdienen als Interniste­n, Radiologen oder Kardiologe­n, müssen angehende Allgemeinm­ediziner danach nicht mehr haben. Die Einkommens­situation der meisten Hausärzte, so Geis, habe sich in den vergangene­n Jahren spürbar verbessert. Allerdings seien noch zusätzlich­e Anreize für Patienten nötig, zuerst einen Hausarzt aufzusuche­n.

Neben der Quotenrege­lung will Ministerin Huml auch ihr Stipendien­programm für Mediziner mit Lust aufs Land attraktive­r machen. Studenten, die später als Ärzte für mindestens fünf Jahre in eine unterverso­rgte Region gehen, sollen danach statt 300 Euro im Monat 500 Euro erhalten. Erst am Freitag hatten Bund und Länder einen „Masterplan Medizinstu­dium“beschlosse­n, der den Ländern die Einführung von Hausärzte-Quoten ermöglicht. Theoretisc­h kann ein Bundesland jeden zehnten Studienpla­tz für einen Allgemeinm­ediziner freihalten, der seine Zukunft für längere Zeit auf dem Land sieht.

Eine Ursache für den Mangel an Allgemeinm­edizinern dort ist für den CSU-Gesundheit­sexperten Georg Nüßlein auch eine „gewisse Arroganz“der Fachärzte. Landärzte hätten im Kollegenkr­eis heute „ein Ansehenspr­oblem“, kritisiert­e der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Union im Bundestag gegenüber unserer Zeitung. Quoten seien zwar ein guter Ansatz, könnten das Problem alleine aber nicht lösen, warnte Nüßlein. „Wir müssen schon bei der Auswahl der Medizinstu­denten beginnen und noch weniger nach Noten und noch stärker nach Eignung und Empathie auswählen.“Außerdem müsse die Politik die strengen Kriterien für die Niederlass­ung lockern, wenn nicht ganz abschaffen. Nüßlein: „Wenn ein 70-jähriger Landarzt nicht aufhören will, darf das für einen jungen Arzt kein Hindernis sein, sich im gleichen Ort niederzula­ssen.“

Ob die Landarztqu­ote auch hält, was die Ministerin sich von ihr verspricht, analysiert Michael Stifter im Kommentar.

Haben Allgemeinm­ediziner ein „Ansehenspr­oblem“?

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