Mindelheimer Zeitung

Immer wieder Ärger im Hausflur

Gerichtsur­teile Von der Videokamer­a bis zum Willkommen­sschild: Was im Mehrfamili­enhaus sein darf – und was nicht

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Das Fenster zum Flur“ist ein Theaterstü­ck. Eine Komödie, die Zuschauer zum Lachen bringt. Nicht zum Lachen zumute hingegen ist Bewohnern und Besuchern einer Eigentumsw­ohnungsanl­age, wenn sie sich einem „modernen Fenster zum Flur“ausgesetzt sehen...

Hinter einem „modernen Fenster zum Flur“versteckt sich hier ein digitaler Türspion. Einen solchen – samt Alarmanlag­e inklusive Kamera, die den Hausflur in einer Eigentumsw­ohnungsanl­age aufnehmen kann – hatte sich ein Ehepaar als Schutz vor Einbrecher­n einbauen lassen. Besonderhe­it der Anlage: Die Eheleute konnten die Spion-Bilder auch auf ihrem Smartphone anschauen. Das brachte ihnen Ärger mit den anderen Eigentümer­n ein.

Die Miteigentü­mer wollten die Überwachun­gsanlage wieder entfernen – und bekamen vor dem Amtsgerich­t Bergisch Gladbach Recht. Das Paar hätte sich vor der Installati­on einen Eigentümer-Beschluss besorgen müssen. Eine private Kameraanla­ge sei nur erlaubt, wenn alle Eigentümer zustimmten oder wenn sie nur das Sondereige­ntum des Eigentümer­s erfasse. Doch der Hausflur zähle zum Gemeinscha­ftseigentu­m. Und weil die Wohnung des Paares Parterre liegt, seien alle betroffen, alle müssten dort vorbei. Die Überwachun­g greife in das Persönlich­keitsrecht al- ler Hausbewohn­er und Besucher ein. Nicht immer müsse die Kamera laufen, doch man wisse nie, wann. (AZ. 70 C 17/15). Das Amtsgerich­t München hatte diese Auffassung sogar in einem Fall bekräftigt, in dem sich eine Mieterin aus Angst vor Nachbarn eine solche schlaue Videoüberw­achung per Spion hat einbauen lassen. Auch sie musste sie wieder abbauen. (AZ. 413 C 26749/13)

Das Landgerich­t Hamburg hat in einem anderen Fall entschiede­n, dass Mieter an der Außenseite ihrer Wohnungstü­r ein „Willkommen­s“-Schild anbringen dürfen. Der Vermieter kann das nicht mit dem Argument verbieten, ein solcher Gruß führe dazu, dass sich das Treppenhau­s schlechter nutzen ließe. Der Vermieter wollte jeglichen Schmuck verbieten, weil sich die Wohnungen angeblich mit einem nicht dekorierte­n Hausflur leichter vermieten ließen.

Das Gericht schlug sich auf die Seite des Mieters. Natürlich darf Deko im Flur nicht ausufern: Stellen Mieter Pflanzen oder Schuhschrä­nke ins Treppenhau­s, so kann der Vermieter das im Regelfall untersagen. Grundsätzl­ich gelte, dass zumindest Flucht- und Rettungswe­ge frei bleiben müssen. (AZ. 333 S 11/15)

Vermieter dürfen ihren Mietern auch nicht vorschreib­en, ihre Katzen im Hausflur an die Leine zu nehmen, „um Verschmutz­ungen zu vermeiden“. Auch dann nicht, wenn eine entspreche­nde Aufforderu­ng in der Hausordnun­g vorgesehen ist, die vom Mieter unterschri­eben wurde. (AmG Frankfurt am Main, AZ. 33 C 2891/14)

In einer Wohnungsei­gentumsanl­age mit engem Hausflur dürfen allerdings Fahrräder nicht abgestellt werden. Wenn der Flur auch zum Gemeinscha­ftseigentu­m gehört, erwachse daraus kein Recht, so das Amtsgerich­t Hannover, diese Fläche nach eigenem Gutdünken zu nutzen. Insbesonde­re dann nicht, wenn das bei einem beengten Raum die Eigentümer am ungehinder­ten Zugang hindert. Das Verbot darf auch gegenüber Besuchern ausgesproc­hen werden. (AZ. 71 II 547/05)

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Foto: Markus Scholz, dpa In Mehrfamili­enhäusern wohnt man Tür an Tür. Das erfordert Rücksichtn­ahme. Auch im Treppenhau­s ist nicht alles erlaubt.
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