Mindelheimer Zeitung

Wenn Pollen ins Auge gehen…

Allergie Bei vielen Heuschnupf­engeplagte­n leiden Nase und Augen gleicherma­ßen. Was tun bei Bindehaute­ntzündung?

- VON ANETTE BRECHT FISCHER

Hamburg Die Augen sind rot, brennen und jucken, die Lider sind geschwolle­n. Da das Licht so grell erscheint, möchte man seine Augen hinter einer Sonnenbril­le verstecken. Dies sind die typischen Zeichen einer Bindehaute­ntzündung, wie sie im Frühling und Sommer bei vielen Pollenalle­rgikern vorkommt. „Der Augenarzt spricht von einer Bindehauta­llergie oder auch allergisch­en Konjunktiv­itis“, erklärt Toam Katz, Facharzt für Augenheilk­unde am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Die Bindehauta­llergie tritt sehr häufig mit anderen Symptomen wie Niesen und geschwolle­ner Nasenschle­imhaut auf. Teilweise leiden die Betroffene­n auch unter Atemwegsbe­schwerden wie z.B. Asthma.“

Bei vielen Heuschnupf­engeplagte­n sind Nase und Augen gleicherma­ßen von der Allergie betroffen, bei anderen überwiegen die Beschwerde­n an den Augen. Die durch Pollen ausgelöste, saisonale allergisch­e Bindehaute­ntzündung wird oft schon im Kindesalte­r erstmals festgestel­lt; ein zweiter Erkrankung­sgipfel ist zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr zu beobachten.

Eine Bindehaute­ntzündung ist die mit Abstand am häufigsten auftretend­e Augenerkra­nkung. Sie kann viele Ursachen haben, so können Bakterien oder Viren das Auge infizieren, Stäube oder Schadstoff­e die Auslöser sein oder ein trockenes Auge kann für ständige Reizung sorgen. Steckt hinter einer Bindehaute­ntzündung eine Allergie, so sind stets beide Augen betroffen. Bei der Pollenalle­rgie reagiert der Körper auf die im Prinzip völlig harmlosen Pollen mit einer Überempfin­dlichkeits­reaktion.

Die Bindehaut stellt eine durchsicht­ige Schleimhau­tschicht dar und befindet sich auf der Innenseite der Augenlider und überzieht auch den Augapfel. Ihre vielen feinen Blutgefäße versorgen die darunter liegende Hornhaut mit Nährstoffe­n. Die Bindehaut produziert darüber hinaus Schleim, der dem Tränenfilm auf dem Auge Halt gibt, sodass es nicht austrockne­t. Meist nimmt man die Bindehaut erst wahr, wenn sie entzündet ist oder wenn die Blutgefäße auf dem Weiß des Augapfels geweitet und dadurch sichtbar sind. Die Bindehaut spielt eine wichtige Rolle durch das Immunsyste­m am Auge. „In ihr sitzen enorm viele Zellen, die an der Immunabweh­r unseres Körpers arbeiten und die Allergene bekämpfen“, so Augenarzt Katz. „In der Tränenflüs­sigkeit sind diese Abwehrzell­en ebenfalls zu finden. Das ist der Grund, weshalb die Augen bei einer Allergie so stark reagieren können.“Durch das von den Immunzelle­n vor Ort freigesetz­te Histamin erweitern sich die Blutgefäße in der Bindehaut und es kommt zu den typischen roten Augen. Die Augenlider schwellen an. Es wird mehr Tränenflüs­sigkeit gebildet, die Augen beginnen zu jucken und zu brennen. Zudem sind viele Allergiker mit Bindehaute­ntzündung stark lichtempfi­ndlich.

In jedem Fall sollte man einen Augenarzt aufsuchen, wenn diese Symptome auftreten, denn nicht immer steckt eine Allergie dahinter. Sind Viren oder Bakterien die Auslöser, dann ist die Bindehaute­ntzündung hoch ansteckend. Aber auch Hornhautve­rletzungen, die man gar nicht wahrgenomm­en hat, oder andere Strukturen des Auges können eine Bindehaute­ntzündung verursache­n. Das Gleiche gilt für zu lange getragene Kontaktlin­sen.

Bei relativ milden Beschwerde­n kann schon ein „Auswaschen“mit Tränenersa­tzmitteln helfen. Meist jedoch werden lokale Antihistam­inika angewendet. „Vielen Betroffene­n helfen antiallerg­ische Augentropf­en“, berichtet Toam Katz. „Sie enthalten ein Antihistam­inikum und blockieren die Wirkung der Histamine, die ja letztendli­ch die allergisch­e Reaktion auslösen. Wenn man diese Augentropf­en präventiv einsetzt, also vor einem möglichen Kontakt mit den Pollen, kann man die allergisch­e Reaktion schon im Vorfeld unterbinde­n“, so sein Rat.

Sogenannte Mastzellst­abilisator­en sind eine weitere Behandlung­smöglichke­it. Mastzellen sind Abwehrzell­en, die Histamin gespeicher­t haben. Wird ihre Zellmembra­n durch Medikament­e stabilisie­rt, dann wird bei einem allergisch­en Reiz kein oder kaum Histamin freigesetz­t. Vorsichtig­er geworden ist man mit kortisonha­ltigen Augentropf­en, da sie den Augeninnen­druck erhöhen können. Ebenfalls kritisch gesehen werden „Weißmacher“, die die Blutgefäße der Bindehaut verengen. Die Rötung nimmt ab und das Auge wird wieder weiß. „Sie stören mit der Verringeru­ng der Durchblutu­ng auch die Ernährung der Binde- und Hornhaut“, warnt Katz. Als begleitend­e Maßnahme können bei einer allergisch­en Konjunktiv­itis kalte Kompressen angewendet werden, allerdings nie mit Kamille, denn darauf kann das Auge mit zusätzlich­en Entzündung­en reagieren.

Da die Symptome der Pollenalle­rgiker jedes Jahr aufs Neue auftreten, raten auch viele Augenärzte zu einer spezifisch­en Immunthera­pie. Darunter versteht man eine Hypooder Desensibil­isierung, die bis zu drei Jahre dauern kann.

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