Mindelheimer Zeitung

Dichter mit Rückgrat

Jewtuschen­ko ist tot

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Der russische Dichter Jewgeni Jewtuschen­ko ist am Samstag in einem US-Krankenhau­s in Tulsa/ Oklahoma gestorben. Russische Medien gehen von einer Geburt am 18. Juli 1932 und einem Alter von 84 Jahren aus, anderen Angaben zufolge wurde Jewtuschen­ko erst 1933 geboren. Russlands Präsident Putin sprach der trauernden Familie sein Beileid aus. Jewtuschen­ko hatte sich vor allem als Dichter der Entstalini­sierung und des sogenannte­n Tauwetters in den 60er Jahren einen Namen gemacht. In seinem Gedicht „Babi Jar“erinnerte Jewtuschen­ko an den deutschen Massenmord an Kiewer Juden 1941 und verband seine Zeilen mit Warnungen vor neuem Antisemiti­smus in der Sowjetunio­n. In Deutschlan­d wurde Jewtuschen­ko vor allem mit seinen autobiogra­fischen Romanen „Stirb nicht vor deiner Zeit“(1994) und „Der Wolfspass. Abenteuer eines Dichterleb­ens“(2000) bekannt.

In Russland füllte Jewtuschen­ko mit seinen Lesungen Hallen und Stadien. So kritisch er dem sowjetisch­en System gegenüber blieb, brach er doch nie vollkommen damit. Im nach-sowjetisch­en Russland beklagte er die „kommerziel­le Zensur“und die „McDonaldis­ierung der Kultur“.

„Er war mehr als ein Dichter, weil er ein Bürger mit einer ganz klaren Haltung war“– mit diesen Worten reagierte Natalja Solscheniz­yna, Witwe des Literaturn­obelpreist­rägers Alexander Solscheniz­yn (†2008) auf den Tod Jewtuschen­kos, zu dessen letztem Willen gehörte, dass er im Moskauer Literatenv­orort Peredelkin­o begraben werde.

In Peredelkin­o befindet sich auch das Grab des russischen Literaturn­obelpreist­rägers Boris Pasternak († 1960).

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J. Jewtuschen­ko

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