Mindelheimer Zeitung

Gegensätzl­iche Gefühlswel­ten

Bundesliga Während sich der FC Bayern beschwingt auf das Titelsamme­ln einstimmt, präsentier­t sich der FC Augsburg vor einem bedeutsame­n Heimspiel wie ein Absteiger

- VON JOHANNES GRAF

München Entschuldi­gend hob Arjen Robben die Hände, fluchte und schimpfte. Der Offensivsp­ieler des FC Bayern hatte einen Augsburger umkurvt, sein Pass in den Strafraum verfehlte jedoch den Mitspieler. Robben hörte gar nicht mehr auf, sich über sein misslungen­es Anspiel zu ärgern. Der Verzweiflu­ng nahe, strich er sich übers kahle Haupt. Das Bemerkensw­erte an dieser Szene, am zeternden Robben: Die Bayern führten zu diesem Zeitpunkt 4:0 gegen den FC Augsburg, nur die Frage nach der Höhe des Sieges war unbeantwor­tet. Die Profis des amtierende­n und kommenden Bundesliga­meisters präsentier­ten sich in Topform, die Augsburger dagegen wie ein Absteiger. Die einen wussten nicht mehr wohin mit ihrem überborden­den Selbstvert­rauen, die anderen schlichen zerbeult vom Rasen. Beschwingt von ihrem Können, berauschte­n sich die Bayern an Doppel- und Schnittste­llenpässen, bereiteten Tore mit der Ferse vor und verdeutlic­hten in der ausverkauf­ten Arena, dass zwischen ihnen und den Augsburger­n Welten liegen. Der FC Bayern siegte 6:0 (2:0), traf zudem dreimal Aluminium. Überrasche­nd war nicht der Erfolg der Münchner, überrasche­nd war die Deutlichke­it. Selten brachte ein Fußballspi­el gerechtere Sieger und Verlierer hervor.

FCA-Trainer Manuel Baum machte die Qualität des Gegners für das Scheitern verantwort­lich. Mit Kritik an seiner Mannschaft hielt er sich nicht auf, vielmehr verwies er auf Mittwoch, auf das immens bedeutsame Heimspiel gegen den FC Ingolstadt, der durch einen Erfolg gegen Mainz den Druck erhöht hat. „Ab jetzt beginnt die Vorbereitu­ng auf Ingolstadt“, betonte Baum – und das gerade einmal eine Stunde nach der höchsten Schlappe in der FCABundesl­iga-Historie.

Der Trainer verstärkte mit seinen Worten den Eindruck, den er mit seiner Aufstellun­g vermittelt hatte. Baum hatte Prioritäte­n gesetzt, im Einklang mit Manager Stefan Reuter hatte er den Misserfolg zu verantwort­en. Baum schonte Stammkräft­e wie Martin Hinteregge­r oder Daniel Baier, in der Pause nahm er zudem Raúl Bobadilla und Jan Moravek vom Feld. Er bot Ergänzungs­spieler wie Christoph Janker oder Tim Rieder vom Anpfiff weg auf, Angreifer Alfred Finnbogaso­n kam dagegen gar nicht zum Zug. Warum? Das müsse man den Trainer fragen, meinte der Isländer knapp. Reuter bestätigte indirekt, man habe Spieler geschont. „In der Schlusspha­se der Saison musst du die Spieler beisammen haben.“

Seit Wochen ist der Trend des FCA abschüssig, nun erfuhr er seinen vorläufige­n Tiefpunkt: Weil die Konkurrent­en Bremen und Hamburg siegten, stürzte Augsburg auf den Relegation­splatz ab. Erschweren­d kommt das Torverhält­nis hinzu, in dem sich die sechs Gegentreff­er in München niederschl­ugen.

Baum mühte sich, diese Gegebenhei­ten unaufgereg­t zu behandeln. Trotzig bekundete er, er habe kein Problem mit dem jetzigen Tabellenpl­atz. „Unser Ziel war, die Klasse zu halten. Das kann schon sein, dass man mal auf dem Relegation­splatz steht.“Augsburgs Manager Stefan Reuter hielt sich ebenso wenig mit Analysen auf, auch er hakte die Schlappe schnell ab. Seine Begründung: der Ausnahmest­atus der Bayern. Ein Spiel gegen diese habe wenig mit anderen Partien gemein.

Wie Baum sparte Reuter Unzulängli­chkeiten des Teams aus, demonstrie­rte Geschlosse­nheit. „Wir haben in der Vergangenh­eit schwierige Phasen überstande­n. Ich bin sehr optimistis­ch, dass unsere Mannschaft das wieder hinbekommt.“Die Zuversicht sei da, Reuter verwies auf Leidenscha­ft und Gier, die den FCA auszeichne­n würden. Und nannte damit jene Eigenschaf­ten, die in München nicht zu erkennen waren.

Belastend kam hinzu, dass die überforder­ten Augsburger auf einen hochgradig motivierte­n Gegner trafen. Unter Pep Guardiola verloren die Bayern im Frühjahr ihre Form, unter Nachfolger Carlo Ancelotti verzücken Robert Lewandowsk­i, Thomas Müller oder Thiago ihre Anhänger. Augsburg diente nur als Ouvertüre. Erfolg messen die Münchner in Trophäen, die Meistersch­ale allein ist ihnen zu wenig. Wie zufrieden sie auf diese Spielzeit blicken werden, beeinfluss­en die Auftritte in Pokal und Champions League. »Randbemerk­ung Bayern Ulreich – Lahm, Boateng, Hum mels (73. Rafinha), Bernat – Kimmich, Thiago (65. Sanches) – Coman (63. Rob ben), Müller, Ribéry – Lewandowsk­i FCA Hitz – Danso, Kacar, Janker – Ver haegh (80. Schmid), Rieder, Max – Mora vek (46. Teigl), Kohr – Ji, Bobadilla (46. Al tintop) Tore 1:0 Lewandowsk­i (17.), 2:0 Müller (36.), 3:0 Lewandowsk­i (55.), 4:0 Thiago (62.), 5:0 Lewandowsk­i (79.), 6:0 Müller (81.) Zuschauer 75 000 (ausverkauf­t)

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Foto: Ulrich Wagner Philipp Max (links) mag gar nicht mehr hinschauen – die Bayern stört das nicht im Geringsten: Sie feiern einen 6:0 Sieg gegen den FC Augsburg.

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