Mindelheimer Zeitung

Irrsinn am Samstag

- VON GISELA BIRNSTIEL redaktion@mindelheim­er zeitung.de

Ess gibt stressige Zeiten, und zwar häufig am Wochenende. Da kommt mit der Samstagspo­st um 13 Uhr ein Brief, den man sofort beantworte­n muss und den der Absender am besten am Montag vorfinden sollte. Also: Antwort geschriebe­n, doch leider keine entspreche­nde Briefmarke mehr zu Hause, und die Fensterkuv­erts sind auch aus. Also wirft sich der Mensch, der auf dem Dorf lebt, ins Auto und steuert in fünf Kilometer Entfernung die Tankstelle mit Post an, denn die ist ja am Samstagnac­hmittag noch offen. Aber was erklärt mir das freundlich­e Wesen mit Bedauern in der Stimme? „Leider können wir am Samstagnac­hmittag weder Kuverts noch Briefmarke­n verkaufen.“Wieso? Die Kuverts kann ich mit der Hand erreichen, die Briefmarke­n hat sie unter Verschluss und würde sie bestimmt nicht rausrücken. Was tun? Ich fahre ins nächste Dorf mit einer Poststelle in einem großen Laden. Das Ganze noch mal von vorne: „Ich möchte 70er Briefmarke­n und Fensterkuv­erts.“Das mit den Briefmarke­n klappt, aber – wieder das bedauernde Lächeln: „Fensterkuv­erts haben wir gerade nicht da.“Ich erinnere mich dumpf, zuhause noch ein paar Kuverts zu haben, auf die man die Adresse mit der Hand pinseln muss. Also wieder zurück, den Brief ins Kuvert gesteckt, die Adresse mit der Hand geschriebe­n, die Marke drauf und nach Mindelheim gefahren, denn am Sonntag um 8 Uhr früh wird dort geleert ... 58 Kilometer, um an einem Wochenende einen Brief zur Post zu bringen – eine reife Leistung!

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