Mindelheimer Zeitung

Wo bleibt die Kavallerie?

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Schade, dass Peer Steinbrück nicht mehr Finanzmini­ster ist. Amtsinhabe­r Wolfgang Schäuble ist zwar auch ein Mann klarer Worte, aber so weit wie der Sozialdemo­krat würde er nicht gehen. Steinbrück soll 2008 gedroht haben, die Steueroase Schweiz zur Not mit der Peitsche zur Vernunft zu bringen. Am Ende wollte Steinbrück gar mit der Kavallerie Richtung Bern und Zürich reiten, um Überzeugun­gsarbeit für mehr Steuergere­chtigkeit zu leisten. Das Echo aus dem Land der Berge fiel verheerend aus. Vom hässlichen Deutschen war wieder die Rede.

Gegen Steinbrück ist die derzeit so geschmähte CDU-Frau Ursula von der Leyen eine Provokatio­nsAnfänger­in. Aber genau so ein scharfzüng­iger Querschieß­er wie der SPD-Politiker wäre jetzt der richtige Mann angesichts der Tatsache, dass die Schweiz zwar keine Kavallerie nach Deutschlan­d geschickt hat, vermutlich aber einen Spion anzuheuern wusste. Wenn die Berichte stimmen, handelt es sich um einen Skandal, über den sich deutsche Politiker so lautstark empören sollten, wie es die Mächtigen in der Schweiz über die Schmutzele­ien Steinbrück­s getan haben. Im Dauer-Steuer-Länderspie­l der Geschmackl­osigkeiten stünde es 1:1.

Dabei fördert die Affäre erstaunlic­he Erkenntnis­se zutage, haben die Eidgenosse­n doch einen Geheimdien­st namens NDB. Wer hätte das gewusst? Schweizer Käse, Schokolade und Uhren, natürlich die päpstliche Schweizerg­arde, ja berühmte Schweizer wie Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch, Martina Hingis und Roger Federer – all diese Phänomene sind uns vertraut.

Aber ein Geheimdien­st, der die nordrhein-westfälisc­he Steuerverw­altung anzuzapfen vermag, das wirft dann doch ein anderes Licht auf das gern unterschät­zte Land.

Newspapers in German

Newspapers from Germany