Mindelheimer Zeitung

Brennholz Stradivari?

Neue Geigen sollen besser sein als weltberühm­te alte Geigen

- VON RÜDIGER HEINZE

Augsburg Ein Leben lang glaubten wir, dass eine barocke Amati, Guarneri, Stradivari das Nonplusult­ra unter den Geigen ist. Auch weil Generation­en ihrem Klanggehei­mnis – bedingt erfolgreic­h – nachgejagt waren.

Das hätten sie sich anscheinen­d sparen können. Der Name bleibt Schall und Rauch. Denn nun erklärt die neueste Studie unter all den vielen täglichen neuen Studien, dass neue Geigen besser klingen als alte.

Empirische Forscher aus den USA und aus Frankreich hatten ein 55-köpfiges Publikum in Paris und ein 82-köpfiges Publikum in New York zehn Geigern lauschen lassen, die mit verbundene­n Augen hinter einem Wandschirm mal mit alten, mal mit neuen Geigen aufspielte­n. Und dann hätten die Hörer „den dargestell­ten Klang der neuen Violinen besser als den der alten“empfunden. Sagt die Studie aus der US-Zeitschrif­t Proceeding­s of the National Academy of Sciences. Was zunächst einmal den Schluss zulässt: Jahrhunder­telang wurde die Rechnung gleichsam ohne den Gast gemacht, ohne den Hörer.

Aber die Studie, die mit weniger als 200 Probanden arbeitete, erklärt auch, dass Solisten wie Auditorium nicht in der Lage gewesen seien, alte und neue Violinen „beständig auseinande­rzuhalten“. Das nun wiederum lässt das Fazit zu: Is’ eh alles wurscht. Aber dann offenbart die Studie noch einen dritten Punkt: Zwei der Forscher waren Mitarbeite­r moderner Streichins­trument Werkstätte­n. Sollte da eine gewisse Befangenhe­it vorliegen? Sollte da womöglich gar ein Marketing-Wunsch der Vater der Blindstudi­e sein? Wir jedenfalls, die wir emsig weiterüben und weiterhorc­hen, werden unsere Amatis, Guarneris, Stradivari­s mit ihrem guten Klang nicht unters Brennholz mischen.

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