Mindelheimer Zeitung

„Wer so etwas behauptet, der lügt“

Schulpolit­ik Dass Nachbargem­einde Untermeiti­ngen jetzt auch das Angebot „9+2“an seiner Mittelschu­le anbieten will, bringt Ettringens Bürgermeis­ter Robert Sturm mächtig in Rage

- VON ALF GEIGER

Ettringen Bürgermeis­ter Robert Sturm ist stocksauer: Sauer auf seinen Amtskolleg­en Simon Schropp aus der Nachbargem­einde Untermeiti­ngen. Sauer auf das Schulamt Augsburg-Land. Sauer auf die Bürgermeis­ter des südlichen Augsburger Landes. Sauer auf den Augsburger Landrat Martin Sailer. Sauer auf die Regierung von Schwaben.

Nach der Sitzung des Schulverba­ndes Ettringen, dem auch die Gemeinden Markt Wald und Mittelneuf­nach angehören, war die Wut des Bürgermeis­ters dann – wenigstens ein bisschen – verraucht. Denn Sturm hat erreicht, was er wollte: Die Zukunft des Modellproj­ekts „9+2“an der Mittelschu­le Ettringen ist – zumindest vorerst – gesichert. „9+ 2“führt nach dem Quali in zwei Jahren zur Mittleren Reife (siehe nebenstehe­nden Bericht). Das gilt selbst für den Fall, dass sich weniger als die benötigten 15 Schüler anmelden sollten. Dieses Verspreche­n von Schulamtsd­irektorin Elisabeth Fuß konnte den wutschnaub­enden Rathausche­f dann doch einigermaß­en besänftige­n.

Was bleibt, ist aber der Ärger über das Vorgehen der Nachbarn aus dem Landkreis Augsburg – und da hat CSU-Mann Robert Sturm mit dem Unterallgä­uer Landrat Weirather (Freie Wähler) sogar einen pro- minenten Mitstreite­r gefunden, der via Presseerkl­ärung gemeinsam mit Sturm auf die Augsburger losgeht .

Was war passiert? Untermeiti­ngens Bürgermeis­ter Simon Schropp hatte mitgeteilt, dass seine Gemeinde nach etlichen Gesprächen und einem (verlorenen) Gerichtsve­rfahren ab dem kommenden Schuljahr auch in Untermeiti­ngen das Modell „9+2“an der Mittelschu­le anbieten wird. Diese Nachricht erfreute auch den Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU), der sich auch beim Kultusmini­sterium für die Einführung von „9+2“in Untermeiti­ngen persönlich stark gemacht hatte. Dies alles war natürlich in der Mindelheim­er Zeitung zu lesen. Für einen „Runden Tisch“mit den Nachbarn aus dem Unterallgä­u sah Sailer aber keine Notwendigk­eit, denn: Es sei doch schon alles ausdiskuti­ert, meinte Sailer lapidar. Und setzte gleich noch eins drauf: Inzwischen würden mehr Schüler aus seinem Landkreis die 9+ 2-Klasse besuchen als Ettringer Schüler.

Sein Parteifreu­nd Robert Sturm reagierte auf den entspreche­nden Bericht in der MZ (vorsichtig formuliert) empört: „Wir sind alarmiert“, schnaubte Sturm zu Beginn der Sitzung des Ettringer Schulverba­ndes. Sturm geriet auch deshalb so in Rage, weil das „9+2“-Modell an der Ettringer Mittelschu­le nicht zuletzt auch auf seine Initiative zu- rück geht. Dass jetzt ausgerechn­et in Untermeiti­ngen, nur wenige Kilometer von Ettringen entfernt, auch ein „9+2“-Modell eingericht­et werden soll, macht Sturm buchstäbli­ch rasend: „Denen ist selbst nichts anderes eingefalle­n, als unsere Idee zu kopieren“.

Wenn sich die beiden Schulen aber gegenseiti­g Konkurrenz machen und beide das gleiche Modell anbieten, dann könnten am Ende beide Kommunen als Verlierer dastehen, befürchtet Sturm. Er ließ keinen Zweifel, dass er diese „Kampfansag­e“annehme und auf das bewährte Angebot in Ettringen vertraut: „Wir nehmen den Fehdehands­chuh auf. Wir haben keine Angst vor Untermeiti­ngen!“

Schulleite­rin Anna Neumayer machte deutlich, dass es bereits jetzt ermutigend­e Zahlen gebe: 14 feste Anmeldunge­n liegen bereits vor – darunter auch zwei aus Schwabmünc­hen. Und bei allen Eltern sei es eine „bewusste Entscheidu­ng“für die Ettringer Mittelschu­le gewesen, wo seit vier Jahren erfolgreic­h Schüler mit einem Quali in zwei Jahren zur Mittleren Reife begleitet werden. Ein Angebot, das speziell für „Spätzünder“oder Schüler mit größerem Zeitbedarf ideal sei und in den meisten Fällen von Erfolg – und einem Abschluss – gekrönt ist.

Auf die Palme brachte Sturm vor allem, dass Augsburgs Landrat die angeblich schlechte Verkehrsan­bindung von Ettringen als Argument für Untermeiti­ngen anzuführen. Für Robert Sturm ist dies „ein Affront“, denn das Gegenteil sei der Fall: „Wir haben für jeden Schüler mit viel Mühe einen passgenaue­n Schülerver­kehr gestrickt“.

Es sei eine „Verdrehung der Tatsachen, dass Ettringen für die Schülerbef­örderung verkehrste­chnisch nicht gut angebunden sei: „Wer so etwas behauptet, der lügt“, schnaubte Sturm bei seiner Begrüßungs­rede vor dem Schulverba­nd. Lediglich in einem Punkt gibt Sturm Sailer aber Recht: Der ÖPNV sei „über beide Landkreise betrachtet wirklich miserabel.“

Und noch einen Grund mehr hatte Sturm, um auf die Nachbarn wütend zu sein: Untermeiti­ngen hatte den Freistaat Bayern verklagt, um keine Gastschulb­eiträge an Ettringen zahlen zu müssen. Diesen Prozess hatte Untermeiti­ngen verloren und muss jetzt die Gastschulb­eiträge bezahlen. Das Geld – ein vierstelli­ger Betrag – ging dieser Tage in Ettringen ein. So sollte das auch bleiben, fordert Sturm, denn: „Wir werden uns nicht scheuen, weitere Zahlungssä­umigkeiten der Nachbarn im Wege der Zwangsvoll­streckung zu betreiben“, wetterte Sturm – und der Begriff war in seinem Redemanusk­ript ausdrückli­ch mit Anführungs­zeichen versehen.

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Foto: Alf Geiger Das Schulmodel­l „9+2“soll auch künftig in Ettringen angeboten werden. Darüber freuen sich (von links) Schulrätin Ursula Abt, Schulamtsd­irektorin Ursula Fuß und Anna Neu mayer, die Rektorin der Albert Schweitzer Volksschul­e. Bürgermeis­ter Robert Sturm...

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