Wie im falschen Film
Internet Wer sich illegal Musik und Spielfilme aus dem Netz herunterlädt, riskiert rechtliche Konsequenzen. Wie langwierig und teuer das werden kann, zeigt ein Fall aus Mindelheim
Mindelheim Ein unbedachter Klick hat ein langwieriges Nachspiel: Weil er sich mit seinen Freunden den Spielfilm „Fack ju Göhte“ansehen wollte, suchte ihn der damals 14-jährige Marco aus Mindelheim auf einer Internetseite für Datenaustausch heraus. Der Vorgang ist simpel, der Download zügig und wenige Mausklicks später ist der Film auf Marcos Festplatte.
Filesharing (engl. für Datentausch) heißt die Methode der Internetpiraterie, die in der Unterhaltungsindustrie jährlich einen Schaden von dutzenden Milliarden Euro verursacht. Prinzipiell ist Datentausch legal, die verschiedenen Möglichkeiten jedoch überwiegend für das Teilen lizenzgeschützter Inhalte verwendet. Neben Filmen findet auf den Plattformen ein reger Transfer von Musik, Videospielen und anderer Software statt. Die technischen Methoden des Datentauschs haben sich dabei im Laufe der vergangenen Jahre weiterentwickelt und angepasst. Während man vor 15 Jahren vereinzelte Musikstücke über Piratenprogramme verteilen und downloaden konnte, ist heute dank des Breitbandausbaus auch das Übertragen ganzer Film- und Plattensammlungen möglich.
Einige Wochen nach Marcos Filmabend im Jahr 2014 erhielten seine Eltern ein Schreiben einer Berliner Anwaltskanzlei. Die Familie werde wegen einer Urheberrechtsverletzung abgemahnt, hieß es darin. Das Büro vertritt ein Medienunternehmen, das die Rechte an einigen Musikstücken aus „Fack ju Göhte“besitzt. Für Marcos illegale Kopie forderten die Anwälte Schadensersatz in Höhe von 500 Euro. darauf meldeten sich zwei weitere Kanzleien und diesmal ging es um den Film an sich. Dafür sollen Marcos Eltern insgesamt knapp 1400 Euro bezahlen.
Für Marcos Mutter Claudia begann damals ein schier endloser Briefverkehr, der bis heute nicht nachgelassen hat. Zwar konnte sie mithilfe eines Anwalts die ursprünglich geforderten 500 Euro durch einen Vergleich um die Hälfte reduzieren, die übrigen Mahngebühren haben den Gesamtbetrag inzwischen jedoch auf mehrere tausend Euro ansteigen lassen - eine Summe, die Marcos Eltern nicht bezahlen wollen.
„Mittlerweile fühlen wir uns wie im falschen Film“, sagt Claudia. Für die 44-jährige Verkäuferin besteht kein Zweifel daran, dass Urheberrechtsverletzungen ernste Vergehen sind und ihr damals 14-jähriger Sohn einen schweren Fehler begangen hat. Mittlerweile sieht sie nach eigener Aussage jedoch kein Verhältnis mehr zwischen diesem einmaligen Fehler und der Zahl an Abmahnbriefen, die sie seither erreicht hat. Den illegalen Datentausch hatten sie und ihr Mann ihrem Sohn zuvor zwar verboten, über die tatsächliche Tragweite dieses Downloads sei sich Marco damals jedoch nicht im Klaren gewesen.
Zahlreiche Ratgeber im Internet empfehlen, sich möglichst sofort nach Erhalt der Abmahnung mit einem Anwalt in Verbindung zu setzen und nicht auf eigene Faust zu handeln. Auch sollte man die vorformulierte Unterlassungserklärung, die jedem Abmahnungsschreiben beiliegt, nicht unterzeichnen. Nicht nur, dass es sich dabei um ein automatisches Schuldeingeständnis handelt - die rechtsverKurz bindlichen Pflichten sind meist an hohe finanzielle Vertragsstrafen geknüpft.
Durch eigene Recherche und über ihren Anwalt hat Claudia erfahren, dass die Abmahnungskosten in vielen Fällen deutlich zu hoch angesetzt sind. Viele Kanzleien versenden ihre Abmahnungsschreiben im großen Stil, manche über 30000 Stück im Jahr. Nicht jedem Fall wird mit letzter Konsequenz nachgegangen, wie zahlreiche Erfahrungsberichte im Internet vermuten lassen. Auch deshalb will Claudia keiner weiteren Zahlungsaufforderung nachkommen, obwohl noch immer Mahnbriefe bei ihr eintreffen. „Eher lassen wir es auf eine Gerichtsverhandlung ankommen“, sagt sie. Darf man den Geschichten vieler Abgemahnter im Internet glauben, stehen ihre Chancen dort jedoch schlecht.