Mindelheimer Zeitung

Nur schwer mit Geld aufzuwiege­n

Fußball Vereine, die mit Mannschaft­en am Spielbetri­eb teilnehmen, müssen auch Schiedsric­hter stellen. Können sie das nicht, wird es schnell teuer. Denn jeder fehlende Referee kostet Geld

- VON AXEL SCHMIDT Foto: Axel Schmidt

Mindelheim Es ist beinahe schon ein Ritual. Wenn auf einer Spielgrupp­entagung im Fußballkre­is Allgäu der Kreis-Obmann der Schiedsric­hter, der Mittelneuf­nacher Jürgen Warnck, ans Mikrofon tritt, wissen die Vereinsver­treter bereits, was kommt: einmal mehr die Aufforderu­ng an die Vereine, „geeignete Kandidaten“für den Schiedsric­hter-Neulingsku­rs zu melden. Meist schließt Warnck seinen Appell mit der Drohung, dass in naher Zukunft nicht mehr alle Spiele mit Unparteiis­chen besetzt werden können.

Denn in der Schiedsric­htergruppe Südschwabe­n verhält es sich, wie in den meisten anderen Schiedsric­htergruppe­n Bayerns: Ihr fehlt der Nachwuchs. „Wir haben rund 130 aktive Schiedsric­hter in der Gruppe Südschwabe­n“, sagt Warnck. Besetzt werden müssen pro Wochenende von dieser Gruppe rund 120 Spiele. „Das ist auf Kante genäht“, sagt Warnck. Schließlic­h sei nicht jeder Schiedsric­hter auch an jedem Wochenende einsatzfäh­ig.

Nicht mit eingerechn­et sind bei diesen 120 Spielen im Einsatzber­eich der Gruppe Südschwabe­n etwa Jugendspie­le. Die werden im Allgäu bereits seit einiger Zeit erst ab der Kreisliga von geprüften Schiedsric­htern geleitet. Die Vereine in den Jugendlige­n darunter müssen sich selbst behelfen. Auch die bis zur vergangene­n Spielzeit noch vorhandene­n Reservelig­en wurden von den Schiedsric­htern nicht mehr besetzt. Wenn der Trend weitergeht, werden von unten her weitere Ligen folgen. Bestes Beispiel ist der Kreis Augsburg. Hier war die Aufregung unter den B-Klassisten groß, als es plötzlich hieß, dass zur Rückrunde keine Spiele der B-Klassen mehr mit Schiedsric­htern der Augsburger Gruppe besetzt würden, da es zu wenige seien. Von Wettbewerb­sverzerrun­g und Pflichtver­letzung war da die Rede. Und davon, dass dem Verband die Gesundheit der Spieler egal sei.

Dabei könnten die Vereine ja ihren Teil dazu beitragen, damit es wieder mehr Referees gibt. „Wir bieten jedes Jahr einen Neulingsku­rs an“, sagt Warnck. Der richtet sich an alle Fußballint­eressierte­n im Alter ab 14 Jahren. Am liebsten wären dem Obmann natürlich ehemalige Spieler, die ihre aktive Karriere an den Nagel gehängt haben, aber eben so ganz ohne Fußball dann doch nicht auskommen können. Doch die sind rar gesät – und werden von den Vereinen wieder umgarnt, um eine Jugendmann­schaft zu betreuen. Ehrenamtli­che sind Mangelware – beim Verein und bei den Schiedsric­htern. Dabei hätte die Tätigkeit an der Pfeife durchaus Vorteile. „Es macht richtig Spaß, sonst würde ich es ja gar nicht machen. Außerdem kann man auch gut sein Taschengel­d aufbessern. Pro Spiel gibt’s 20 Euro, da kommen an einem Wochenende schon mal 60 Euro zusammen“, sagte etwa Schiedsric­hter Tobias Lutzenberg­er vor einiger Zeit im MZ-Interview. Auch komme man umsonst in der Bundesliga ins Stadion. Wer schon einmal versucht hat, auf regulärem Weg Karten für ein Heimspiel des FC Bayern München zu ergattern, weiß um die Bedeutung dieses Schiedsric­hter-Zuckerls.

Doch neben Zuckerbrot gibt es eben auch Peitsche: Vom Fußballver­band drohen Strafen, sollten Fußballver­eine nicht eine gewisse Anzahl von Schiedsric­htern stellen. Die können sich dann durchaus summieren (siehe Rechenbeis­piel) und einen schiedsric­hterlosen Verein empfindlic­h treffen.

„In Bayern sind die Strafen noch human“, sagt Jürgen Warnck, der ursprüngli­ch aus Nordrhein-Westfalen stammt. Dort seien die Bußgelder deutlich höher – was auch in Schiedsric­hterkreise­n zu Vereinswec­hseln führt. Nicht nur aktive Fußballer werden dann dem Nachbarver­ein abgeworben, sondern auch Schiedsric­hter, um den Strafzahlu­ngen des Verbandes zu entgehen. „Bei uns ist das aber noch kein Thema. Zumindest ist mir dahingehen­d noch nichts zu Ohren gekommen“, sagt Warnck. Zwar gebe es auch im Unterallgä­u Schiedsric­hter, die den Verein wechselten. Dies hätte aber andere Gründe, etwa den berufsbedi­ngten Umzug.

Im Kreis Augsburg hatte man sich schließlic­h auf einen Kompromiss geeinigt: Die letzten beiden Spieltage sollen von Schiedsric­htern ebenso besetzt werden wie alle Nachholspi­ele. Dazu konnte der Spielgrupp­enleiter bei „Kracherspi­elen“einen Schiedsric­hter anfordern. Alle anderen Partien sollten aufgrund des personelle­n Engpasses bei den Augsburger Schiedsric­htern allerdings von Vereinsmit­gliedern gepfiffen werden. Dazu wurde von der Gruppe sogar ein Crashkurs angeboten. Schiedsric­hter Neulingsku­rs Die Gruppe Südschwabe­n bietet im Juni wieder einen Neulingsku­rs an. Die Info veranstalt­ung findet am 20. Juni um 19.30 Uhr im Sportheim des FSV Lamer dingen statt. Die Kurstermin­e sind am 23., 24., 27., 30. Juni sowie 2. Juli. An sprechpart­ner sind Lehrwart Christian Walter (0170/2423353) oder Obmann Jürgen Warnck (0172/8689653).

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Achtung, Schiedsric­htermangel: Wenn Vereine nicht die nötige Anzahl an Schiedsric­htern stellen, dann müssen sie mitunter tief in die Tasche greifen. Denn für jeden fehlen den Unparteiis­chen kassiert der Fußballver­band dann eine Strafgebüh­r.

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