Valerie und ihr Priester
Projekt Journalistin begleitet Kaplan und schreibt darüber. Aus dieser Idee wurde eines der erfolgreichsten Internet-Angebote der katholischen Kirche
Da hat sich die katholische Kirche einmal was getraut, ein bisschen was zumindest – und wurde dafür belohnt. Mit Klicks. Klicks für das Projekt „Valerie und der Priester“, das vor einem Jahr startete und heute endet. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz hat sich das Projekt zu einem der erfolgreichsten Angebote der katholischen Kirche im Internet entwickelt.
„Valerie und der Priester“traf offensichtlich einen Nerv. Vor allem junge Menschen fanden sich in den Texten und Videos der 26-jährigen Berliner Journalistin Valerie Schönian wieder. Sie reiste mehrfach zu Kaplan Franziskus von Boeselager nach Münster und löcherte ihn mit ihren Fragen. Konfrontierte ihn mit ihren Zweifeln.
Sie erlebte ihn in seinem Alltag und stritt mit ihm über die Haltung der katholischen Kirche etwa zu Homosexuellen. Seit 20. Mai 2016 berichtete sie darüber auf www.valerie-und-der-priester.de. Den Blog lasen durchschnittlich 60000 Menschen im Monat. Die Zahl der erreichten Nutzer in sozialen Netzwerken liegt insgesamt bei bis zu einer Million im Monat. Die katholische Kirche ließ sie machen, zugleich war „Valerie und der Priester“ein Projekt des Zentrums für Berufungspastoral der Deutschen Bischofskonferenz. Was auch nie verschleiert wurde.
Die Idee: gut; die Umsetzung: zeitgemäß. Schönian stammt aus Magdeburg, wurde evangelisch getauft und ging auf ein katholisches Gymnasium. Aus der Kirche ist sie vor kurzem ausgetreten. In einem ersten Rückblick stellte sie fest: „Es waren so viele Begriffe, Abläufe, Menschen und Emotionen auf einmal – während meiner ersten Wochen lag ich jeden Abend im Bett mit Tabernakel-Monstranz-Kopfschmerzen.“Vor wenigen Tagen dann versuchte sie sich an einer Antwort auf die Frage: Was glaube ich?
Im letzten Jahr habe es einige Situationen gegeben, die etwas mit ihr gemacht hätten: der Weltjugendtag, Weihnachten, diese „vielen Momente, in denen ich Menschen dabei zusehen konnte, was der Glaube mit ihnen macht: diese zärtlichen Blicke; dieses Lächeln; die Art, wie sie ihre Hände falten“, schrieb sie. Das zu Valerie. Und der Priester?
Franziskus von Boeselager ist 39 Jahre alt und hat erst nach Ostern zum ersten Mal gelesen, was Schönian über ihre Treffen notierte. Er reagierte mit einem Brief, den die Journalistin am 12. Mai veröffentlichte. Oft habe er schmunzeln müssen, schrieb er, beim Lesen habe es auch peinliche Momente für ihn gegeben. Leser des Blogs jedoch hätten einen „sehr ehrlichen Einblick in einen Menschen bekommen, der für eine Institution steht, die sonst oft argwöhnisch beäugt wird“.