„Ich stolpere über meine Vorurteile“
Esther Schweins über ein gutes Miteinander
Frau Schweins, in der Komödie „Zaun an Zaun“spielen Sie eine Frau, die in einer Doppelhaushälfte lebt. Sie selbst wohnen auf Mallorca, wo Ihr Lebensgefährte eine Finca mit Pferden bewirtschaftet. Packen Sie oft mit an?
Esther Schweins: Ungern. An mir ist, bis auf Traktor fahren, keine Landwirtin verloren gegangen, sondern ich bin bei uns mehr die Ministerin für das Soziale. Mir ist es viel lieber, wenn mein Mann anpackt, während ich plaudernd neben ihm hergehe und bestenfalls geschäftig tue.
Die von Ihnen gespielte Schriftstellerin rasselt mit ihrem türkischen Nachbarn zusammen. Der Film thematisiert Klischees und Vorurteile. Ist das Miteinander verschiedener Kulturen auch ein Thema, das Ihnen persönlich am Herzen liegt?
Schweins: Ja, sehr. Das hat etwas mit meiner Jugend zu tun: Ich bin als Zugezogene aus dem Ruhrgebiet in einer hessischen Kleinstadt aufgewachsen. Wir wohnten direkt neben dem Haus, in dem so ziemlich alle türkischen Familien des Ortes wohnten, und ich fühlte mich ähnlich fremd wie diese Türken. Schon im Kinderalter hat mich die Ausgrenzung geschmerzt. Die der türkischen Familien, bei denen ich mich so wohlgefühlt habe. Aber auch unsere eigene, denn wir wurden auf der Straße geschnitten, weil meine Mutter es zuließ, dass ich mit den türkischen Kindern spiele.
Sind Sie denn frei von Vorurteilen?
Schweins: Ich bin ein Mensch, und als solcher stolpere ich ständig über meine eigenen Vorurteile. Nur habe ich die Disziplin, dass sie mir meistens sofort bewusst werden und ich sie gleich durchstreichen kann.
Wie intensiv verfolgen Sie die politische Entwicklung in Deutschland, Themen wie Flüchtlingsdebatte und Integration?
Schweins: Ich verfolge das natürlich sehr, denn meine ganze Arbeit spielt sich ja in Deutschland ab. Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, mich auf künstlerischer Ebene mit der Entwicklung auseinanderzusetzen. Jetzt zum Beispiel habe ich in Essen mit dem Folkwang-Orchester unter dem Titel „Weltenbrand“eine Lesung zum Thema Kriegsgeschichte gehalten. Das ist für mich eine Form der Auseinandersetzung mit dem, was in Deutschland und international passiert.
Gibt es an Ihnen etwas, das typisch deutsch ist?
Schweins: Eigentlich nicht wirklich. Ich habe nicht viele preußische Tugenden. Ich bin zwar immerhin so pünktlich, dass ich weiß, ab wann ich zu spät bin – aber ich genieße die 15 Minuten, die einer Frau zugestanden werden.
OInterview: Cornelia Wystrichowski
TV Tipp In der Komödie „Zaun an Zaun“, die am heutigen Freitag um 20.15 Uhr in der ARD läuft, verkörpert Esther Schweins eine chaotische Schriftstellerin, die sich in ihren spießigen türkischen Nachbarn verliebt. Schweins kam 1970 in Oberhausen zur Welt und wuchs im hessischen Viernheim auf. 1993 wurde sie mit der Comedyshow „RTL Samstag Nacht“bekannt.