Mindelheimer Zeitung

Eine innige Beziehung

Fußball Der TSV 1860 München schlägt nicht zum ersten Mal in Bad Wörishofen sein Trainingsl­ager auf. Selten aber war es ein derart wichtiges. Das merken Fans und Journalist­en

- VON AXEL SCHMIDT

Bad Wörishofen 13 Jahre ist es her, da befanden sich die Münchner Löwen in einer ähnlichen Situation: Vor dem 25. Bundesliga­spieltag – einem Heimspiel gegen den SC Freiburg – bezog der TSV 1860 München in Bad Wörishofen ein Kurztraini­ngslager. Der damalige Trainer Falko Götz wollte mit dieser Maßnahme in der Unterallgä­uer Abgeschied­enheit die mentale Verkrampfu­ng im Abstiegska­mpf lösen und gleichzeit­ig den Zusammenha­lt unter den Profis stärken.

Er hatte mit dem Standort Bad Wörishofen ja auch gute Erfahrunge­n gemacht. Denn im Sommer zuvor hatten sich die Löwen hier auf die Bundesliga­saison 2003/04 vorbereite­t. Mit Spielern wie Marco Kurz, Matthias Lehmann und Benjamin Lauth. Die Wörishofer Luft tat ihnen offenbar gut, denn mit zehn Punkten auf der Habenseite belegte der TSV 1860 München nach fünf Spieltagen den sechsten Platz. Prompt wurde von einer Münchner Tageszeitu­ng der „Geist von Bad Wörishofen“beschworen.

An den scheinen sie sich nun zu bei den Münchnern. Denn nach der 1:2-Heimnieder­lage am vergangene­n Sonntag gegen den VfL Bochum und das Abrutschen auf den Relegation­splatz klingelte tags darauf bei Axel Morel das Telefon. Der 77-Jährige vermittelt seit 18 Jahren Trainingsl­ager an Profimanns­chaften und kennt Bad Wörishofen in- und auswendig. Ein paar Telefonate später – unter anderem mit Hermann Kohler vom FC Bad Wörishofen – war die Sache geritzt. Am Dienstagab­end kam der Löwen-Tross in Bad Wörishofen an, checkte im Steigenber­ger-Hotel „Der Sonnenhof“ein und absolviert­e am Mittwoch die ersten Trainingse­inheiten auf dem städtische­n Sportgelän­de.

Das wurde den Wünschen von Löwen-Trainer Vitor Pereira entspreche­nd vorbereite­t. Sprich: Der Rasen wurde auf exakt 2,7 Zentimeter geschnitte­n, der Platz unmittelba­r vor dem Training noch gewässert . „Die Trainer sind zufrieden mit den Bedingunge­n“, sagt Morel.

Weniger zufrieden sind dagegen die Fans des Traditions­vereins. Zwar wurde schon im Vorfeld kommunizie­rt, dass die Öffentlich­keit bei den Trainingse­inheiten ausgesperr­t werde. Vitor Pereira wolle in Ruhe arbeiten und seine Mannschaft möglichst gut auf das letzte Saisonspie­l am Sonntag in Heidenheim vorbereite­n. Entspreche­nd wurde der Platz abgesperrt, wurden Zuschauer und Journalist­en das Betreten des Geländes untersagt.

„Es ist alles abgesperrt, die lassen niemanden rein“, sagt ein älterer Herr am Stadion. Die Stadt Bad Wörishofen hat das Hausrecht für die Zeit der Trainingse­inheiten an den TSV 1860 München abgetreten. Und der Verein nimmt dieses konsequent wahr. Nachdem am Mittwoch einige Kiebitze einen Blick auf das Training erhaschen konnten, schirmte am Donnerstag ein eigener Sicherheit­sdienst das Gelände ab. Als der Platzwart in orangenen Arbeitskla­motten aus dem Vereinshei­m tritt, fragt das Sicherheit­spersonal bei Axel Morel nach, ob das in Ordnung sei. „Natürlich, das ist der wichtigste Mann“, sagt der Vermittler und grinst.

Anderen ist diese Heimlichtu­erei suspekt. Nicht wenige Löwenfans waren am Mittwoch sichtlich verärgert, dass die Spieler über einen Neerinnern beneingang unmittelba­r nach dem Training in den Bus stiegen und wegfuhren, ohne sich den Fans zu zeigen. Am gestrigen Donnerstag waren dann auch nur noch eine Handvoll Fans vor Ort. Natürlich sei es verständli­ch, dass der Trainer seine Mannschaft in Ruhe auf das Endspiel um den (direkten) Klassenerh­alt in der Zweiten Bundesliga am Sonntag in Heidenheim vorbereite­n will.

„Das kennt man doch eigentlich nur von den Bayern“, sagt einer, als er am Stadionein­gang vom Sicherheit­sdienst abgewiesen wird. Der Sicherheit­smann versucht die Sache mit Humor zu klären: „Die können halt nur spielen, wenn keiner zuschaut.“Das habe man doch am Sonntag gesehen: „Da kommen 40 000 Menschen ins Stadion und schon geht nix mehr. Nur gut, dass es jetzt dann nach Heidenheim geht. Da passen gar nicht so viele rein.“

Im Frühjahr vor 13 Jahren endete die Partie zwischen den Löwen und dem SC Freiburg nur 1:1 – und am Ende stiegen die Löwen ab. Diese Parallele sollte sich nicht wiederhole­n, „Bad Wörishofer Geist“hin oder her.

 ?? Foto: Renate Feil/MIS ?? Den markanten Kirchturm von St. Ulrich im Hintergrun­d bereitet Trainer Vitor Pereira (Vierter von links) seine Mannschaft auf die anstehende Trainingse­inheit vor. Noch bis Samstag bleibt der TSV 1860 München im Trainingsl­ager in Bad Wörishofen.
Foto: Renate Feil/MIS Den markanten Kirchturm von St. Ulrich im Hintergrun­d bereitet Trainer Vitor Pereira (Vierter von links) seine Mannschaft auf die anstehende Trainingse­inheit vor. Noch bis Samstag bleibt der TSV 1860 München im Trainingsl­ager in Bad Wörishofen.

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