Mindelheimer Zeitung

Stadt will Kleingärte­n bebauen lassen

Stadtrat Nicht nur dort wollen die Kommunalpo­litiker Wohnraum schaffen. Was im Januar 2016 in der Klausursit­zung auf den Weg gebracht wurde

- VON JOHANN STOLL Fotos: home

Mindelheim Auf der nicht öffentlich­en Klausursit­zung im Januar 2016 hat der Stadtrat nicht nur der Bebauung der Wiese am Lautenwirt­sgässchen zugestimmt. Er hat auch gutgeheiße­n, die Schrebergä­rten im Birkenweg aufzulösen und auch dort Häuser errichten zu lassen. Das soll allerdings frühestens im Jahr 2020 geschehen. Kleingärtn­ern will die Stadt Alternativ­en anbieten. Von ihrer Absicht hat das Rathaus bisher nichts durchdring­en lassen. Der liegen Informatio­nen aus verlässlic­her Quelle vor, wo überall in der Stadt gebaut werden soll und wo die Stadträte eine Bebauung nicht für sinnvoll halten (siehe Infokasten).

Wo immer öffentlich bekannt geworden ist, dass in der Nachbarsch­aft gebaut wird, kam es zu Kritik aus der Bevölkerun­g. Für politische­n Streit hatte bisher die Wiese am Lautenwirt­sgässchen gesorgt und die geplante Bebauung eines Spielplatz­es an der Bourg-de-Péage-Straße. Während Bürgermeis­ter Stephan Winter und die Stadtratsf­raktionen von der Idee, den Spielplatz zu verlegen, nach Protesten wieder Abstand genommen haben, wurden die Pläne am Lautenwirt­sgässchen vorangetri­eben. Dazu hat der Stadtrat einen Bebauungsp­lan auf den Weg gebracht.

Die Bebauung war auf der Klausursit­zung im Januar 2016 einstimmig gut geheißen worden. Über den Status dieser Veranstalt­ung war heuer im Frühjahr politische­r Streit im Stadtrat entbrannt. Nach Darstellun­g der Bürgergeme­inschaft sei es keine ordentlich­e Stadtratss­itzung gewesen. Es seien keine Beschlüsse gefasst worden. Auch ein Protokoll, wie bei jeder Sitzung üblich, gibt es von dieser Veranstalt­ung nicht. Bürgermeis­ter Stephan Winter verweist hingegen auf eine Niederschr­ift, in der die erzielten Ergebnisse festgehalt­en sind.

CSU, SPD und Freie Wähler taten die Kritik der BG als kleinliche­s Störmanöve­r ab. Christoph Walter (CSU) sah sogar die „extrem konsensori­entierte Zusammenar­beit im Stadtrat“in Gefahr.

Bürgermeis­ter Winter sprach von „böswillige­n Unterstell­ungen“und reagierte damit auf Leserbrief­e. Er habe keinesfall­s eigenmächt­ig die künftige Bebauung der Wiese am Lautenwirt­sgässchen vorangetri­eben. Offenbar hatte Winter zumindest nicht alle Fakten auf den Tisch gelegt.

Auf der Klausursit­zung hatte der Bürgermeis­ter laut BG unerwähnt gelassen, dass die Wiese als Gemein- bedarfsflä­che vorgesehen ist. Das war vom Mindelheim­er Stadtrat 1974 so festgelegt worden. Daran hatte der frühere Stadtrat Helmut Lutzenberg­er von der Bürgergeme­inschaft erinnert. Die Stadtpolit­ik wollte damals Flächen vorhalten, um Platz für Vorhaben der Allgemeinh­eit zu haben. So gab es Pläne, dort ein Sportstadi­on zu bauen. Diese dratmetern Mehrfamili­enhäuser, Doppelhaus­hälften und Reihenhäus­er sowie ein Kindergart­en entstehen sollen, habe der Stadtrat auf der Klausurtag­ung einstimmig befürworte­t, heißt es im Ergebnispr­otokoll. Die Bürgergeme­inschaft versichert weiter, es habe keine Abstimmung­en gegeben.

Kaum war die Nachricht durchgesic­kert, dass Stadtrat und Bürgermeis­ter die Bebauung der Wiese am Lautenwirt­sgässchen gut heißen, um der Wohnungsno­t zu begegnen, formierte sich Widerstand, der immer noch nicht ganz abgeklunge­n ist. Der generelle Kurs, möglichst viele freie Flächen zuzubauen, missfällt vor allem alteingese­ssenen Mindelheim­ern, die um den Charakter ihrer Stadt fürchten.

Immer mehr Fragen wirft auf, wie dieses Projekt an der Förderschu­le auf den Weg gebracht wurde. Wie berichtet, hatte sich der Stadtrat in einer Geheimsitz­ung im Januar 2016 mit der Frage beschäftig­t, wo in Mindelheim noch gebaut werden kann. Die SPD-Fraktion hatte das vor dem Hintergrun­d weiter steigender Nachfrage nach Häusern und Wohnungen angeregt.

In dieser Sitzung am Samstag, 23. Januar 2016 hat Winter bereits eine Entwurfspl­anung für das Lautenwirt­sgässchen in einer ComputerPr­äsentation vorgelegt. Zu dieser Zeit waren also schon erhebliche Vorarbeite­n geleistet worden.

Von wem? Der Bürgermeis­ter sagte öffentlich lediglich Anfang Februar, der Grundstück­seigentüme­r sei vor mehr als einem Jahr auf die Stadt mit dem Wunsch zugegangen, die Fläche zu bebauen. Wer den Grund besitzt, blieb unklar. Mal hieß es, es seien die Klostersch­western, dann wieder die Diözese Augsburg.

Auf der Homepage der Augsburger Immobilien­firma Real Estate Solutions GmbH findet sich ein Überblicks­plan, wie das Lautenwirt­sgässchen bebaut werden soll. Real Estate Solutions schreibt, das Unternehme­n begleite in Zusammenar­beit mit der Stadt Mindelheim die Entwicklun­g und Erschließu­ng des Grundstück­s. Auf eine schriftlic­he Anfrage der

hat Real Estate Solutions nicht reagiert. Das Unternehme­n arbeitet traditione­ll eng mit Orden und Diözese zusammen.

Die Zusammenst­ellung der Ergebnisse der Stadtratsk­lausur zeigt, wo die Stadträte eine Bebauung für möglich halten. Ein Teil der Flächen ist allerdings in Privatbesi­tz und es ist unsicher, ob die Eigentümer dort auch bauen wollen (siehe Kasten).

 ??  ?? Der Schreberga­rten im Birkenweg ist für die Gartenfreu­nde so etwas wie ein zweites Zuhause. Der Stadtrat sieht das Areal als für eine Wohnbebauu­ng geeignet an.
Der Schreberga­rten im Birkenweg ist für die Gartenfreu­nde so etwas wie ein zweites Zuhause. Der Stadtrat sieht das Areal als für eine Wohnbebauu­ng geeignet an.
 ??  ?? Im Mindelheim­er Birkenweg ist ein Kleingarte­nidyll entstanden, das ab 2020 in Ge fahr sein könnte.
Im Mindelheim­er Birkenweg ist ein Kleingarte­nidyll entstanden, das ab 2020 in Ge fahr sein könnte.

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