Das Kaufhaus kommt
Konsum Wer nicht mehr mobil ist, der ist froh, wenn er nicht weit zum Einkaufen fahren muss. Eine gute Idee finden viele in Kirchheim
Kirchheim Wie war noch gleich der Spruch? Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt. Genau, dann kommt der Berg zum Propheten.
Ob das der Auslöser war, dass der Versandhändler und Modeanbieter Witt Weiden sich mittlerweile selbst auf den Weg macht und in Altenund Pflegeheimen mit seinem mobilen Kaufhaus Station macht? Wahrscheinlich ja, meint Magdalena Dannhart vom Sozialdienst im Kirchheimer Sozialzentrum: „Einkaufen ist für viele unserer Bewohner eine stressige Angelegenheit, weil man dazu wegfahren muss und im Netz oder aus dem Katalog bestellen möchten nicht alle.“Wenn allerdings das Kaufhaus mit seinen Jacken, Hosen und Oberteilen zu den älteren Menschen kommt, dann haben diese wieder das Gefühl selber bestimmen zu können. „Ich suche aus, ich bezahle und ich nehme mit“, das ist ein wichtiger Aspekt für viele ältere Menschen, betont Dannhart.
Dass der Einkaufs-Nachmittag eine gute Idee ist, dieser Meinung sind wohl auch sehr viele Kunden aus der Umgebung. Schon bevor es im Café und Begegnungsraum in Kirchheim offiziell losgeht, stehen nicht nur die drei Frauen des Modehauses bereit. Männer sitzen an den Tischen dort und trinken Bier, Frauen treffen sich auf einen Kuchen und eine Tasse Kaffee. „Auch für die Bewohner, die nichts brauchen, ist der Nachmittag sehr unterhaltsam, weil man zusammenkommt und vielleicht alte Bekannte trifft. Abwechslung lieben alle hier“, meint Dannhart. Und wer etwas sucht, wird beim großen Angebot sicher schnell fündig.
Doch die Vorauswahl ist ebenfalls entscheidend: „Wir achten bei der Kleidung nicht nur auf modische Gesichtspunkte, sondern vorrangig auf die Bedürfnisse der Senioren“, erklärt Mitarbeiterin Karin Durner. Mit im Lieferwagen der Kaufhauskette sind zum Beispiel Diabetikerstrümpfe, Pflegenachthemden mit offenem Rückenteil und Unterwäsche, die problemlos eine 60-GradWäsche aushalten. Wer in einer Betreuungseinrichtung lebt, muss viele Kriterien berücksichtigen, an die andere gar nicht denken. Zum Beispiel daran, dass die Wäsche unbedingt trocknergeeignet und in der Maschine waschbar ist oder dass Menschen, die den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen, einen Gummizug als angenehmer empfinden als zum Beispiel einen normalen Bund.
Tragekomfort ist einer der Gründe, weshalb Rudolf Frank neue Strümpfe gekauft hat. Und zusätzlich? „Die Frauen, die mich an- und ausziehen, jammern, dass die Socken immer so eng sind“, schildert er das Problem. Deshalb gibt es jetzt welche, die weit genug sind. Aber nicht nur praktisch sollen die Kleidungsstücke sein. Hedwig Mühlbauer hat ein Nachthemd gekauft: „Die anderen sind schon so verwaschen und nicht mehr schön“, erzählt die Heimbewohnerin, die stets auf ihre Nachtwäsche achtet, da sie ja beständig mit dem Personal der Sozialstation zu tun hat.
Die Hauptkriterien der Käufer an diesem Nachmittag: Anfassen und Anprobieren der Waren. Aber das mobile Kaufhaus bietet sogar noch mehr. Gisela Bajor berichtet vom Bestellservice sowie der Auskunft nach der Lieferzeit oder nach alternativen Farben der Produkte. „Und alles, was es im Katalog gibt, kann an diesem Tag aufgenommen werden und wird versandkostenfrei geliefert“, ergänzt sie.
Dass die Rechnung für den Versandhändler und die Kunden wohl aufgeht, sieht man daran, dass das mobile Kaufhaus bereits zum dritten Mal in Kirchheim angerollt kam. Das dreiköpfige Verkaufs-Team ist übrigens das ganze Jahr über in einem Umkreis von circa 150 Kilometer rund um Landsberg unterwegs, wo sich ein Lager des Modehauses befindet. Die Frauen sind es gewohnt, bei der Beratung und beim Anziehen zu helfen, und kennen sich mit ihren Waren und dem Kundenkreis bestens aus. „Ich bin überzeugt, dass die Frauen und Männer auch deshalb hier einkaufen, weil ihnen der Name auch noch ein Begriff ist“, meint Karin Durner.