Mindelheimer Zeitung

Die Luther Kasel trug der Reformator nie

Ausstellun­g Warum dieses und andere besondere Stücke trotzdem in der Sonderscha­u im Textilmuse­um zu sehen sind

- VON MANUELA FRIESS Foto: Wenzel

Mindelheim Auch die Museen im Colleg locken zum Internatio­nalen Museumstag mit kostenlose­m Eintritt. Und im Lutherjahr zusätzlich mit einer kleinen aber feinen Sonderscha­u. „Die beiden größten Ausstellun­gsstücke sind eigentlich die Gebäude“, scherzt Kulturamts­leiter Christian Schedler. „Das Jesuitenco­lleg und die Jesuitenki­rche.“An diesen beiden Orten ist ziemlich klar: Der deutsche Reformator Martin Luther war da, hat im Chor eine Messe gelesen und im früheren Augustiner­kloster übernachte­t.

Bei anderen Stücken ist das nicht gänzlich geklärt. „Dass das Zaumzeug aber zeitlich genau auf den Besuch Luthers in Mindelheim passt, ist erwiesen“, betont Textilmuse­umsleiteri­n Doris Wenzel. „Ob es jedoch wirklich genau dem Tier gehörte, mit dem Luther in die Stadt kam, das wird sich nicht abschließe­nd auflösen lassen.“Das Zaumzeug aus Leder und Eisen ist jetzt jedenfalls im Schaukaste­n im Gobelinsaa­l zu finden.

Ein anderes erstaunlic­hes Stück im Gobelinsaa­l ist die sogenannte Lutherkase­l, ein liturgisch­es Gewand aus Leder. Das ehemals golden und silbern glänzende Stück aus Schafslede­r muss eine schimmernd­e Pracht gewesen sein, erklärt die Leiterin des Textilmuse­ums. Dass es nicht Luther gehört haben kann, ist erwiesen, denn heute weiß man, dass es aus dem Jahr 1730 stammt. Es wirkte jedoch schon im 19. Jahrhunder­t so alt, dass angenommen wurde, es könnte aus der Zeit der Reformatio­n stammen. Dass es trotzdem in der Ausstellun­g zu sehen ist, begründet Schedler damit, dass das Interessan­te an den Exponaten nicht unbedingt der frühere Besitz Luthers ist, sondern dass sein Besuch in der Frundsberg­stadt so lange Nachwirkun­gen habe.

Dass der äußerst kurze Aufenthalt erst spät schriftlic­h notiert wurde, zeigt ein weiteres Exponat: die Aufzeichnu­ngen des Paters Conrado Bürgii aus dem Jahr 1623. Der Jesuit versuchte in der „Historia Collegii“die mündliche Überliefer­ung des Besuchs Luthers in Mindelheim mit den historisch­en Daten zusammenzu­bringen und gibt deshalb als Randnotiz das Jahr 1518 an. „In diesem Jahr war Martin Luther in Augsburg. Das schien Bürgii ein guter Anlass gewesen zu sein, dass er hier vorbeigeko­mmen ist“, erörtert der Kulturamts­leiter das Exponat. Heute weiß man jedoch, dass es 1511 gewesen sein muss. Ausstellun­g Alle Museen sind am In ternationa­len Museumstag am Sonn tag, 21. Mai, bei freiem Eintritt geöffnet. Führungen durch die kleine Sonder ausstellun­g „Spuren der Reformatio­n in Mindelheim“im Textilmuse­um, Her melestraße 4, werden um 11, 14, 15 und 16 Uhr angeboten. Sie ist noch vier Wochen im Gobelinsaa­l zu sehen.

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Aus Ziegen und Schafslede­r gefertigt ist dieses edle Messgewand. Es stammt aus dem 18. Jahrhunder­t, wird aber trotzdem „Luther Kasel“genannt.

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