Plötzlich mitten in einer Schießerei
Polizei Zwei Mindelheimer Beamte haben in einer extrem schwierigen Lage vorbildlich reagiert. Dafür bekommen sie nun die verdiente Anerkennung
Mindelheim/Westerheim Sie waren gerade dabei umzukehren und Westerheim wieder in Richtung Mindelheim zu verlassen, als sich die Kollegen per Funk meldeten: In Westerheim seien Schüsse gefallen. Genaueres sei noch nicht bekannt. Polizeihauptkommissar Peter Zinsmeister und Polizeiobermeister Andreas Häfele drückten aufs Gaspedal und fanden sich Minuten später an jenem 16. Februar 2016 plötzlich mitten in einem Kriminalfall. Morgen bekommen sie in München für ihren mutigen Einsatz die Bayerische Rettungsmedaille aus der Hand von Ministerpräsident Horst Seehofer verliehen. Sie hatten im Dienst ihr Leben eingesetzt, um einen Verletzten zu bergen, und den Täter überwältigt.
Ein 88-Jähriger hatte damals auf seinen Sohn geschossen. Offenbar gab es Streit um Autoreifen. Die beiden Mindelheimer Polizeibeamten hatte zwischenzeitlich die Nachricht erhalten, der Täter sei mit einer 357 Magnum bewaffnet. Das stellte sich später zwar als Fehlmeldung heraus. Richtig war aber: Der Mann war höchst gefährlich. Und er war definitiv noch in der Nähe.
Angst hatten sie keine. „Das läuft automatisch ab“, sagt Zinsmeister, der seit 38 Jahren Polizist ist. Jeder weiß, was er zu tun hat. Am Ort des Geschehens trafen sie einen 42-jährigen Mann an, der aufgelöst berichtete, auf ihn seien drei Schüsse abgefeuert worden. Der Mann war nur leicht verletzt worden. Er hatte unglaubliches Glück. Ein Schuss war vom Schlüsselbund abgefangen worden, eine zweite Kugel steckte im Smartphone, das der Mann in seiner Hemdtasche hatte. Ein dritter Schuss hatte ihn verfehlt.
Der 65-jährige Sohn des Täters hatte dieses Glück nicht. Er lag schwer verletzt in der Garage und gab laute Schmerzensschreie von sich. Inzwischen waren noch zwei Kollegen der Autobahnpolizei eingetroffen. Gemeinsam beschlossen sie, mit gezückter Waffe den Verletzten herauszuholen. Zinsmeister zog ihn 50 bis 70 Meter weit heraus, bis der Mann aus der Schusslinie war. Wo aber war der Schütze? Eine Nachbarin hatte einen humpelnden Mann in Richtung Nachbargrundstück verschwinden sehen. Zu dieser Zeit wusste die Polizei auch, dass der Mann mehrere Waffen besitzt.
Inzwischen brach die Dunkelheit ein. Rund 30 Meter vom Tatort entfernt spürten die Beamten den Rentner auf. Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz. Der Täter hatte einen Revolver in der Hand, mit der er herumfuchtelte, allerdings nie in Richtung der Beamten zielte, wie Zinsmeister betont. Mehrfach war er aufgefordert worden, die Waffe wegzuwerfen. Dem kam er nicht nach. Irgendwie war sie ihm dann aus der Hand gefallen und die Polizisten konnten ihn überwältigen.
Peter Zinsmeister denkt noch heute mit Schrecken an diese Szenen zurück. Nachbarn hatten ihre Kinder ins Freie gelassen, um das, was für sie ein Spektakel war, aus nächster Nähe zu verfolgen. Wäre es zu einer Schießerei gekommen, „wir hätten nicht zurückschießen können, ohne Unbeteiligte zu gefährden“.
Später stellte sich heraus, dass der Mann noch eine zweite Pistole am Leib getragen hatte. Da wurde es den beiden Beamten noch einmal mulmig. Der 56-jährige Zinsmeiser, der in Kammlach wohnt, formuliert es so: Ob ein Kind, Erwachsener oder ein 88-Jähriger abdrückt, „die Kugel fliegt immer gleich schnell“.
Andreas Häfele aus Mindelheim ist 26 Jahre jung. Vor zweieinhalb Jahren kam er zur Mindelheimer Polizei. Der Fall sei kein alltäglicher gewesen, räumt er ein. Aber der Beruf des Polizeibeamten sei eben ein gefährlicher. Es könne immer etwas passieren. Sie hätten einen guten Job gemacht, sagt Zinsmeister. Häfele bedauert aber, dass der angeschossene Sohn später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen ist.
Zinsmeister ist sehr dankbar, dass dieser Einsatz öffentlich anerkannt wird. Und Häfele ergänzt, dass es wichtig sei, dass die Polizei Wertschätzung und Respekt erfährt.
Landrat Hans-Joachim Weirather, Polizeipräsident Werner Strössner und der Leiter der Mindelheimer Polizeiinspektion, Gerhard Zielbauer, bedankten sich bei den Beamten für das vorbildliche Verhalten. „Diese Situation zeigt, wie schnell aus einem Einsatz eine lebensgefährdende Situation entstehen kann“, sagt Zielbauer.