Mindelheimer Zeitung

SPD verspricht den Schulen mehr Lehrer

Interview Martin Schulz erklärt, wie er im Wahlkampf das Ruder herumreiße­n will

- VON BERNHARD JUNGINGER, ULI BACHMEIER, MICHAEL CZYGAN UND HENRY STERN

Augsburg/Berlin Nach drei verlorenen Landtagswa­hlen will die SPD mit einem milliarden­schweren Investitio­nsplan verloren gegangenes Vertrauen zurückgewi­nnen. „Wir müssen mehr investiere­n, vor allem in Bildung, Kitas, Straßen und schnelles Internet“, betonte Kanzlerkan­didat Martin Schulz in einem Interview mit unserer Zeitung. Derzeit lebe Deutschlan­d vor allem von der Substanz. „Die Bahn kann viele Brücken nicht mehr befahren, die ländlichen Räume in manchen Bundesländ­ern sind abgeschnit­ten von der ökonomisch­en und kulturelle­n Entwicklun­g.“Ohne konkrete Zahlen zu nennen, verspricht Schulz im Falle eines Wahlsieges einen Schulsanie­rungsplan, mit dem er die digitale Ausstattun­g der Schulen verbessern, die Schulsozia­larbeit ausbauen und zusätzlich­e Lehrerstel­len finanziere­n will. Das seien zwar Aufgaben der Länder, räumte er ein. „Aber dass der Bund ihnen das Geld dafür gibt, halte ich für sinnvoll.“Bildungspo­litik, so Schulz weiter, müsse künftig stärker aus der Perspektiv­e von Eltern, Lehrern und Schülern gedacht werden.

Das Programm, mit dem Schulz im Bundestags­wahlkampf die Wähler doch noch überzeugen will, hat der SPD-Parteivors­tand gestern auf den Weg gebracht. Bevor das rund 70-seitige Papier der Öffentlich­keit vorgestell­t wurde, mussten mehrere hundert strittige Punkte ausgeräumt werden. Und dann unterbrach auch noch ein Bombenalar­m in der Parteizent­rale die Sitzung der Spitzengen­ossen. Der Leitantrag soll nun beim Parteitag am 25. Juni in Dortmund beschlosse­n werden.

„Es geht in unserem Programm darum, für mehr Gerechtigk­eit in Deutschlan­d zu sorgen“, sagte Generalsek­retärin Katarina Barley bei der Vorstellun­g der Eckpunkte. Bildung müsse von der Kita bis zur Hochschule komplett gebührenfr­ei sein. Großen Raum nehmen auch die Themen innere Sicherheit und Flüchtling­spolitik ein. Im Falle eines Wahlsiegs wollen die Genossen 15 000 zusätzlich­e Polizisten einstellen, heißt es im Programmen­twurf. In den beiden für viele Bürger wohl wahlentsch­eidenden Themenfeld­ern Steuern und Rente bleibt der Programmen­twurf vage. Hier will die SPD noch scharf rechnen, bevor sie konkrete Vorschläge macht.

CSU-Chef Horst Seehofer hat sein Wahlverspr­echen, die Steuern „wuchtig“zu senken, bekräftigt. Die Kritik von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz, der das Verspreche­n unseriös genannt und stattdesse­n Investitio­nen in Infrastruk­tur, Verkehr, Bildung und Forschung gefordert hatte, wies er zurück. „Wir brauchen beides: Steuersenk­ungen und Investitio­nen“, sagte Seehofer bei der Konferenz der Fraktionsv­orsitzende­n von CDU und CSU in München. Wie hoch die Steuerentl­astung sein soll, sagte der CSU-Chef nicht. Er zeigte sich aber überzeugt, dass CDU und CSU sich verständig­en können. Auch werde die Union nur verspreche­n, „was ganz sicher zu halten ist“.

An dem Treffen der Fraktionsc­hefs der Union nahm gestern Abend auch CDU-Chefin Angela Merkel teil. Die Höhe der Steuerentl­astung „werden wir vorstellen, wenn wir unser gemeinsame­s Wahlprogra­mm vorstellen“, sagte Merkel. Probleme der Vergangenh­eit belasteten ihr Verhältnis zur CSU nicht, beteuerte die Kanzlerin: „Wir sind uns einig, dass wir nach vorne schauen.“Im Anschluss traf Merkel sich in München mit dem CSU-Ehrenvorsi­tzenden Theo Waigel, der mit einem Unterstütz­erkreis ehemaliger CSU-Spitzenpol­itiker in Bayern für die Wiederwahl Merkels die Werbetromm­el rühren will.

Mit den Plänen der SPD beschäftig­t sich auch der Kommentar. Einen Hintergrun­dbericht finden Sie in der Politik.

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