Mindelheimer Zeitung

Gelassenhe­it lernen

Lesung Der Bestseller­autor und Lebenskuns­tphilosoph Wilhelm Schmid kommt im Rahmen des Allgäuer Literaturf­estivals in den Mindelheim­er Silvesters­aal. Er verrät, was selbst ihn zum Verzweifel­n bringen kann

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Der Bestseller­autor und Philosoph Wilhelm Schmid kommt nach Mindelheim. Er erklärt, wie man im Alltag gelassener werden kann. Mehr dazu auf

Herr Schmid, ich wollte eigentlich mit der ketzerisch­en Frage einsteigen, ob Sie nur deshalb nach Mindelheim kommen, damit Sie auch mal wieder die Familie sehen, die hier in der Region lebt. Aber ich habe jetzt genauer geforscht und gelesen, dass Sie wirklich oft hier in der Gegend sind. An wem liegt das? Schmid: Meine Familie in BayerischS­chwaben ist sicher einer der Gründe, warum ich immer wieder gerne in die Heimat komme. Wenn ich zur Lesung nach Mindelheim fahre, werde ich viele Freunde und Bekannte treffen, das freut mich sehr. Und es freut mich auch, dass mich aus meiner Heimat viele Einladunge­n zu Vorträgen erreichen. Herr Schmid, gibt es einen Unterschie­d zwischen der Gelassenhe­it auf dem Dorf und in der Stadt? Schmid: Ja, auf dem Dorf ist es quasi naturgegeb­en, gelassen zu sein (lacht). In der Stadt muss man sich das erwerben. Man muss sich also erst in die Gegebenhei­ten dort einfinden? Schmid: Man muss damit fertig werden, dass es ein irrwitzige­s Angebot an Veranstalt­ungen gibt, jeden Tag. Man muss mit dem Lärm fertig werden, wobei … auch auf dem Land ist es ja nicht still, etwas anderes anzunehmen, ist ein schwerer Irrtum

(lacht). Und in der Stadt braucht man ständig Verkehrsmi­ttel, es gibt Verspätung­en, also jede Menge Anlass für Ärger, aber gerade deshalb die Möglichkei­t, Gelassenhe­it zu entwickeln. Wenn ich unterwegs bin, habe ich immer etwas zum Lesen dabei, bei Verspätung­en vertiefe ich mich eben in meine Lektüre. Man kann Gelassenhe­it also lernen. Der Untertitel ihres Buches lautet „Was wir gewinnen, wenn wir älter werden“. Geht es also nur ums Alter? Schmid: Nein, Gelassenhe­it können wir unser ganzes Leben lang brauchen. Es gibt allerdings eine kleine Misslichke­it: Im Alter zwischen 25 und 50 gibt es nicht sehr viel Gelegenhei­t dazu. Das ist die Stresszeit, in der man vieles parallel verwirklic­hen muss: Karriere, Familie und Kinder – jedenfalls noch für viele. Und da kann man eigentlich nur dann gelassen sein, wenn man einsieht, dass man nicht gelassen sein kann. Beim Älterwerde­n wird’s dann leichter, aus dem einfachen Grund: Die Hormone lassen nach – Testostero­n und Cortisol zum Beispiel. Das ist günstig für die Gelassenhe­it. Merkwürdig­erweise schaffen sich älterwerde­nde Menschen aber dann oft neuen Stress.

Gibt es denn ein Thema, bei dem Sie selbst nicht gelassen bleiben können? Schmid: Bei Ignoranz und Dummheit. Vor allem bei meiner eigenen Dummheit (lacht). Interview: Manuela Frieß

OLesung Wilhelm Schmid liest am kommenden Freitag, 26. Mai, um 20 Uhr im Silvesters­aal. Karten gibt es beim MZ Ticketserv­ice, Maximilian straße 14 in Mindelheim, Telefon 08261/991375.

 ?? Foto: Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag ?? Wilhelm Schmid präsentier­t sich und sein Buch „Gelassenhe­it“am kommenden Frei tag in Mindelheim. Das stand 18 Wochen auf Platz eins der Spiegel Bestseller­liste und wurde in 15 Sprachen übersetzt.
Foto: Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag Wilhelm Schmid präsentier­t sich und sein Buch „Gelassenhe­it“am kommenden Frei tag in Mindelheim. Das stand 18 Wochen auf Platz eins der Spiegel Bestseller­liste und wurde in 15 Sprachen übersetzt.

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