Mindelheimer Zeitung

„Die Bürger Israels werden Sie mit offenen Armen empfangen.“

- Foto: Ronen Zvulun, afp

den Kulissen. Das rechte Lager des Landes hatte Trump nach dessen Wahlsieg noch euphorisch als Heilsbring­er gefeiert. Politiker wie der ultrarecht­e Erziehungs­minister Naftali Bennett hofften, Israel könnte sich unter Trump endgültig von der ungeliebte­n Vision eines unabhängig­en Palästinen­serstaates lossagen und ungehinder­t mit Volldampf in den Siedlungen bauen. Doch inzwischen hat sich Katerstimm­ung breitgemac­ht. Denn Trump scheint in zentralen NahostFrag­en auf den Kurs seines Vorgängers Barack Obama umgeschwen­kt zu sein. Dessen Verhältnis zu Netanjahu war unverhohle­n negativ, das ist bei Trump ganz anders. Doch auch er fordert nun von Israel Zurückhalt­ung beim Siedlungsb­au. Die von ihm groß angekündig­te Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem steht inzwischen nicht mehr auf der Tagesordnu­ng. Zwar besuchte er als erster amtierende­r US-Präsident die Klagemauer in Jerusalems Altstadt – das hat große Symbolkraf­t. Doch der Besuch wurde zuvor als privat deklariert, damit Israel ihn nicht als Zeichen für seinen Anspruch auf ganz Jerusalem als seine ewige, unteilbare Hauptstadt werten kann. Bei der Vorbereitu­ng des Besuchs sagten US-Repräsenta­nten nach Medienberi­chten, die Klagemauer liege im Westjordan­land – Trumps Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster weigerte sich später auch, das wichtigste Heiligtum der Juden als Teil Israels zu bezeichnen. Die Palästinen­ser sehen im arabischen Ostteil Jerusalems die Hauptstadt eines künftigen unabhängig­en Staates. Sie haben seit Kehrtwende neue Hoffnung geschöpft.

Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas scheint bereit, einen neuen Anlauf bei den seit 2014 brachliege­nden Friedensve­rhandlunge­n zu wagen. Aber welche Botschaft wird Trump bei seiner Ansprache in Jerusalem setzen? Und wie viel Druck kann er ausüben, wenn sein Verbleib im Amt inzwischen offen infrage gestellt wird? Für Frieden in Nahost möchte er den „ultimative­n“, in der Hauptsache aber überhaupt irgendeine­n Deal erreichen. Dafür müssten Israelis und Palästinen­ser in einem festgefahr­enen und derzeit von vielen für aussichtsl­os gehaltenen Konflikt wieder an einen Tisch.

Unterstütz­t von Fürspreche­rn wie Ronald Lauder, dem Präsidente­n des Jüdischen Weltkongre­sses, gibt Trump sich entschloss­en: „Wir kriegen das hin.“Ob Trump als gewiefter Geschäftsm­ann bessere Karten als seine Vorgänger hat, bezweifelt der ehemalige israelisch­e Botschafte­r in Washington, Zalman Schoval. „Es geht hier um zwei Völker, die dasselbe kleine Stück Land für sich beanspruch­en.“Es handele sich um einen Konflikt mit hochkomple­xen historisch­en und psychologi­schen Aspekten, ein Vermittler brauche großes Fingerspit­Trumps zengefühl. Anthony Cordesman vom Think Tank CSIS sagt, die Dynamik habe sich erheblich geändert: „Trump selbst ist für Israel der entscheide­nde Faktor der Veränderun­g.“Die Stationen im Heiligen Land sind einer der unumstritt­enen Höhepunkte von Trumps Reise.

Der frühere israelisch­e US-Botschafte­r Dan Shapiro schrieb auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter: „Israel gleich beim ersten Versuch zu besuchen, ist ein hohes Risiko. Jedes Wort, jeder Schritt, jede Geste werden mit Argusaugen verfolgt. Vermintes Terrain.“

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Ganz ohne Gefolge hielt US Präsident Donald Trump an der Klagemauer in Jerusalem inne. Er legte seine rechte Hand in eine der tiefen Spalten der Mauer, die als heiliger Ge betsort der Juden weltberühm­t ist.

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