Mindelheimer Zeitung

Müller und der Millionen Sieg

Prozess Der Ulmer Unternehme­r fühlt sich von einer Schweizer Bank über den Tisch gezogen. Jetzt muss das Geldhaus zahlen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Der Drogeriekö­nig Erwin Müller hat vor dem Ulmer Landgerich­t einen Erfolg auf ganzer Linie verbucht. Die Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin muss dem Milliardär 44,8 Millionen Euro zahlen. Die Bank habe Müller hinsichtli­ch seiner Kapitalanl­age falsch beraten, erläuterte Richterin Julia Böllert in der Urteilsbeg­ründung. Deshalb sei das Geldhaus verpflicht­et, Schadeners­atz zu zahlen. Auch die Kosten des Rechtsstre­its, Anwaltskos­ten in Höhe von 272000 Euro nebst Zinsen, muss die Bank übernehmen.

Müller hat gegen die Schweizer Bank nicht als Firmenchef, sondern als Privatmann geklagt. Es geht dabei um Aktiengesc­häfte. Der Unternehme­r hatte in ein Anleihemod­ell investiert, das angeblich eine Rendite von zwölf Prozent bringen sollte. Bei dem Sheridan-Fonds handelte es sich um fragwürdig­e und außerorden­tlich komplizier­te Cum-ExTransakt­ionen, bei denen der deutsche Fiskus durch mehrfach beantragte Erstattung­en auf in Wirklichke­it nur ein Mal einbehalte­ne Kapitalert­ragssteuer­n geschröpft wurde. Das Finanzmini­sterium stoppte 2012 derartige Erstattung­en. Daraufhin ging der Fonds pleite, die Anleger verloren ihr Geld.

Wie das Gericht nun urteilte, sei die Beratungst­ätigkeit unter zwei Gesichtspu­nkten fehlerhaft gewesen. Zum einen habe die Bank Müller pflichtwid­rig nicht darüber aufgeklärt, dass ihr Provisione­n zufließen könnten. Insoweit habe ein Interessen­konflikt bestanden, über den Müller hätte informiert werden müssen. Zum anderen habe die Schweizer Bank Müller fälschlich­erweise zugesicher­t, dass seine Einlage gegen Verlust versichert sei. In Wahrheit habe kein Versicheru­ngsschutz bestanden.

Erwin Müller, der scheue Unternehme­r und Herr über 750 Drogeriefi­lialen, blieb dem Verkündung­stermin fern. Vergeblich warteten die Fernsehkam­eras auf ein triumphier­endes Lächeln des 84-Jährigen. „Wir freuen uns natürlich“, sagte lediglich ein kurz angebunden­er Vertreter seiner Anwaltskan­zlei, bevor er im Stechschri­tt Saal 213 verließ. Die Freude muss nicht von Dauer sein: Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig. Die Bank kann gegen die Gerichtsen­tscheidung binnen eines Monats Berufung beim Oberlandes­gericht in Stuttgart einlegen.

Das Urteil erfolgte unter Anwendung deutschen Rechts. Zuvor hatte Sarasin vergeblich versucht, die Behandlung der Klage Müllers vor einem Gericht in Deutschlan­d zu verhindern, und ein Verfahren in der Schweiz angestrebt.

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Archivfoto: dpa Müller zeigte sich auch bei der Urteils verkündung nicht.

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