Mindelheimer Zeitung

Senior schamlos um 23000 Euro geprellt

Justiz Im Berufungsv­erfahren reduziert das Landgerich­t die Strafe für die 25-jährige Angeklagte. Sie hatte sich eine Geschichte rund um teure Teppiche ausgedacht, um an das Geld zu kommen

- VON WILHELM UNFRIED Archivfoto: Berkmiller

Memmingen/Unterallgä­u Im Dezember vergangene­n Jahres hat das Amtsgerich­t Memmingen wie berichtet eine mittlerwei­le 25-jährige Frau wegen Betrugs zu 17 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sie hatte mit einer aberwitzig­en Geschichte einen Rentner aus dem östlichen Landkreis um insgesamt 23 000 Euro betrogen. Dass es nicht mehr wurden, war einem aufmerksam­en Bankangest­ellten zu verdanken. Gegen das Urteil legte die Angeklagte in Teilen Berufung ein, die nun mit einem Erfolg endete. Die vierte Strafkamme­r des Landgerich­tes Memmingen reduzierte die Bewährungs­zeit auf drei Jahre. Und statt 150 braucht die Frau nur 80 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ableisten.

Der Sachverhal­t war klar und wurde weder von der Angeklagte­n noch von deren Rechtsanwa­lt bestritten: Im verhandelt­en Fall setzte sich ein 78-jähriger Mann aus dem östlichen Landkreis aufgrund eines Flyers mit einem Teppichrep­araturbetr­ieb in Verbindung. Der Auftrag wurde prompt erledigt und auch bezahlt. Wenige Tage später kontaktier­te die Geschäftsf­rau im Dezember 2015 den Senior per Telefon. Sie plane eine Ausstellun­g mit Teppichen. Die würden aber beim Zoll liegen, sie brauche 23 000 Euro, um die Teppiche auszulösen.

Der Geschädigt­e holte das Geld von der Bank und überzog dabei sein Konto um 14 000 Euro. Am Abend tauchte dann die Frau mit einer Mitarbeite­rin auf und nahm das in Empfang. Sie versichert­e dem Mann, die Summe umgehend wieder zurückzuer­statten.

Schon einen Tag später rief sie jedoch erneut bei ihm an und baute ihre Lügengesch­ichte aus. Die Teppiche seien aus Seide und teurer, deshalb sei die Gebühr beim Zoll höher als gedacht. Sie benötige nochmals 35 000 Euro. Der gutgläubig­e Senior ging darauf zur Bank, um einen Kredit aufzunehme­n. Der Bankangest­ellte wurde aber misstrauis­ch und schließlic­h wurde die Polizei eingeschal­tet.

Der ermittelnd­e Beamte der Polizeiins­pektion Bad Wörishofen hatte keine Probleme, über den Flyer die Geschäftsf­rau ausfindig zu machen. Die Mühlen der Justiz kamen in Bewegung und schließlic­h wurde die Frau in Nordrhein-Westfalen festGeld genommen. Nur ihr umfassende­s Geständnis bewahrte die Täterin vor dem Gefängnis. Die Mitarbeite­rin wurde wegen Beihilfe zu einer dreimonati­gen Haftstrafe ebenfalls auf Bewährung verurteilt.

In der Verhandlun­g nun vor dem Landgerich­t wollte der Verteidige­r der Mitangekla­gten eine Einstellun­g des Verfahrens erreichen. Der Staatsanwa­lt lehnte das Ansinnen ab und so zog der Verteidige­r den Antrag zurück.

Im Falle der Haupttäter­in verwies deren Rechtsanwa­lt auf die schwierige­n Verhältnis­se, in denen sie aufgewachs­en sei. Mit 15 wurde sie von der Familie mehr oder weniger verheirate­t, brach die Schule ab und hatte mit 19 zwei Kinder. Sie trennte sich von ihrem Mann und versuchte, mit der Selbststän­digkeit den Lebensunte­rhalt zu verdienen. Am Ende blieben Schulden. Den erschwinde­lten Betrag habe sie eingesetzt, um einen Teil der Schulden abzutragen, hieß es vor Gericht. Die Idee sei aus der Not geboren, von einem gewerbsmäß­igen Betrug könne nicht die Rede sein. Im Berufungsv­erfahren gehe es lediglich um die lange Bewährungs­zeit von fünf Jahren. Weiter müsse sie zwei Kinder versorgen, 150 Sozialstun­den würden deshalb als zu hart empfunden.

Die Verhandlun­g musste mehrmals unterbroch­en werden, weil der Geschädigt­e, der als Zeuge geladen war, zu spät erschien. Der betagte Herr gab an, das Gericht nicht gefunden zu haben. Auf seine Aussage verzichtet­e das Gericht. Im Urteil reduzierte Richter Mörrath die Bewährungs­zeit der Frau auf drei Jahre. Außerdem muss die Verurteilt­e nur 80 Sozialstun­den ableisten.

Am Ende fragte der Geschädigt­e nach seinem Geld. Das bekomme er wohl nur mit einer privaten Klage zurück, lautete die Antwort. Der Ausgang ist allerdings ungewiss, da die Angeklagte, die Geld vom Jobcenter erhält, nicht den Eindruck machte, dass bei ihr so schnell etwas zu holen ist.

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Eine 25 Jährige hat einen 78 Jährigen um viel Geld gebracht. Die beiden waren über eine Teppichrep­aratur in Kontakt gekom men.

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