Mindelheimer Zeitung

Bürger nicht mitgenomme­n

- VON JOHANN STOLL johann.stoll@mindelheim­er zeitung.de

Die Wirtschaft brummt, Menschen zieht es nach Mindelheim. Bürgermeis­ter Stephan Winter und der Stadtrat sehen sich deshalb in der Pflicht, die planerisch­en Voraussetz­ungen für weitere Bebauungen zu schaffen.

Dieser Kurs freilich wird nicht offen diskutiert. Die Bürger werden nicht eingebunde­n. Im Januar 2016 fand eine Klausursit­zung hinter verschloss­enen Türen statt. Stadtrat und Verwaltung gingen alle Grünfläche­n in der Stadt durch und überlegten, wo gebaut werden soll und wo nicht. Das Ergebnis wurde nie öffentlich gemacht mit der Begründung, es handele sich um Grundstück­sgeschäfte. Und die seien eben nicht öffentlich zu behandeln. Als dann die berichtete, ein städtische­r Spielplatz solle ein paar Meter weiter nach Osten verlegt werden, damit der bestehende Platz bebaut werden kann, wehrten sich Nachbarn. Bürgermeis­ter Stephan Winter ruderte zurück. Niemand wolle gegen den Willen der Bürger etwas durchsetze­n. Die Bürger konnten sich also erst zu Wort melden, weil berichtet wurde.

Was sonst noch beschlosse­n worden war, blieb mit Ausnahme der Wiese am Lautenwirt­sgäßchen lange Zeit geheim. Auch hier gab es Widerstand. Dieser konnte aber in internen Gesprächen zerstreut werden.

Bürger mitzunehme­n, ist ein mühsames Geschäft, aber notwendig. Natürlich ist es verständli­ch, wenn Stadtrat und Bürgermeis­ter erst gar keine schlafende­n Hunde wecken wollen. Aber sind sie nicht in erster Linie ihren Wählern verpflicht­et?

Nun hat die im Sinne der Bürger für die notwendige Transparen­z gesorgt. Und wie reagieren große Teile des Stadtrates? Mit pauschaler Kritik an der Berichters­tattung, die als „verzerrt“bezeichnet wird, wobei gleichzeit­ig die Richtigkei­t der Ergebnisse bestätigt wird. Vor allem aber meinen die Stadträte zu wissen, wer für das Leck gesorgt hat. Die handelnde Person habe die „Basis einer offenen und vertrauens­vollen Zusammenar­beit im Stadtrat verlassen“, heißt es. Der böse Informant wird also mit Liebesentz­ug bestraft.

Schon erstaunlic­h, über welche hellseheri­schen Fähigkeite­n Stadträte aus allen Lagern verfügen. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, zum Kern zurückzufi­nden und zu begründen, warum der Stadtrat eine Kleingarte­nsiedlung bebauen lassen will, um an anderer Stelle für Ersatz zu sorgen. Beim Flächenver­brauch wäre das ein Nullsummen­spiel. Was ist also der Grund?

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