Bürger nicht mitgenommen
Die Wirtschaft brummt, Menschen zieht es nach Mindelheim. Bürgermeister Stephan Winter und der Stadtrat sehen sich deshalb in der Pflicht, die planerischen Voraussetzungen für weitere Bebauungen zu schaffen.
Dieser Kurs freilich wird nicht offen diskutiert. Die Bürger werden nicht eingebunden. Im Januar 2016 fand eine Klausursitzung hinter verschlossenen Türen statt. Stadtrat und Verwaltung gingen alle Grünflächen in der Stadt durch und überlegten, wo gebaut werden soll und wo nicht. Das Ergebnis wurde nie öffentlich gemacht mit der Begründung, es handele sich um Grundstücksgeschäfte. Und die seien eben nicht öffentlich zu behandeln. Als dann die berichtete, ein städtischer Spielplatz solle ein paar Meter weiter nach Osten verlegt werden, damit der bestehende Platz bebaut werden kann, wehrten sich Nachbarn. Bürgermeister Stephan Winter ruderte zurück. Niemand wolle gegen den Willen der Bürger etwas durchsetzen. Die Bürger konnten sich also erst zu Wort melden, weil berichtet wurde.
Was sonst noch beschlossen worden war, blieb mit Ausnahme der Wiese am Lautenwirtsgäßchen lange Zeit geheim. Auch hier gab es Widerstand. Dieser konnte aber in internen Gesprächen zerstreut werden.
Bürger mitzunehmen, ist ein mühsames Geschäft, aber notwendig. Natürlich ist es verständlich, wenn Stadtrat und Bürgermeister erst gar keine schlafenden Hunde wecken wollen. Aber sind sie nicht in erster Linie ihren Wählern verpflichtet?
Nun hat die im Sinne der Bürger für die notwendige Transparenz gesorgt. Und wie reagieren große Teile des Stadtrates? Mit pauschaler Kritik an der Berichterstattung, die als „verzerrt“bezeichnet wird, wobei gleichzeitig die Richtigkeit der Ergebnisse bestätigt wird. Vor allem aber meinen die Stadträte zu wissen, wer für das Leck gesorgt hat. Die handelnde Person habe die „Basis einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit im Stadtrat verlassen“, heißt es. Der böse Informant wird also mit Liebesentzug bestraft.
Schon erstaunlich, über welche hellseherischen Fähigkeiten Stadträte aus allen Lagern verfügen. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, zum Kern zurückzufinden und zu begründen, warum der Stadtrat eine Kleingartensiedlung bebauen lassen will, um an anderer Stelle für Ersatz zu sorgen. Beim Flächenverbrauch wäre das ein Nullsummenspiel. Was ist also der Grund?